Verfassungsschutz in der Hannibal-Affäre: Der Mann vom Amt
Politiker fordern Aufklärung: Welche Rolle spielte ein heutiger Verfassungsschutzmitarbeiter im Verein Uniter?
„Es darf nicht der geringste Verdacht im Raum stehen bleiben, wonach Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden sich in Vereinen engagieren, die der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zuwiderhandeln“, sagte der FDP-Innenpolitiker und Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, sagte, „die Aktivitäten von extrem Rechten und Rechtsextremen, ihre Vernetzung und ihre Verbindungen in Behörden bedürfen dringend der entschlossenen und umfassenden Aufklärung“. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner forderte, die deutschen Nachrichtendienste müssten ihre Informationen zum Hannibal-Netzwerk nun offenlegen und anschließend von der weiteren strafrechtlichen und parlamentarischen Aufklärung ausgeschlossen werden.
Auch in Baden-Württemberg löste die taz-Recherche Reaktionen aus. Grünen-Innenpolitiker Alexander Maier, der der grün-schwarzen Regierungskoalition angehört, sagte der taz, er erwarte, dass sich das Parlamentarische Kontrollgremium, das für die Kontrolle des Nachrichtendienstes in Baden-Württemberg zuständig ist, sich in seiner nächsten Sitzung mit dem Fall befasse und dort auch Auskunft über die genaue Einbindung des früheren Uniter-Mitgliedes beim Landesamt für Verfassungsschutz erhalte.
„Uniter und seine Strukturen genauer beobachten“
„Wenn das Landesamt für Verfassungsschutz verhindern will, dass noch mehr Vertrauen verloren geht, muss es sich jetzt proaktiv stärker um Aufklärung bemühen“, sagte Maier, der Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen-Fraktion. Er erwarte vom Landesamt, „den Verein Uniter und die Bedrohung, die von ihm ausgeht, sehr ernst zu nehmen und Uniter und seine Strukturen in Zukunft genauer zu beobachten“.
Der Verfassungsschutzexperte der oppositionellen SPD-Landtagsfraktion Boris Weirauch sieht Erklärungsbedarf eine Etage höher, bei Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU): „Es wäre nicht einfach hinnehmbar, wenn es tatsächlich personelle Überschneidung zwischen Verfassungsschutz und Uniter gegeben haben soll“, sagte er der taz. In diesem Fall „muss der Landtag über die genauen Umstände aufgeklärt werden, insbesondere auch darüber, welche Funktion der betreffende Mitarbeiter beim Verfassungsschutz wahrnimmt“.
Das Innenministerium in Stuttgart beantwortete keine Fragen der taz. Der stellvertretende Sprecher Carsten Dehner wiederholte lediglich die Aussage, „dass der Verein Uniter e. V. nicht zu den Beobachtungsobjekten des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg zählt“.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip