Verfassungsschützer bei Hannibal-Verein: Verbindung enger als bekannt
Das Innenministerium in Stuttgart bestätigt: Uniters Gründungschef war schon damals beim Geheimdienst.
Am Sonntag hatte die taz berichtet, dass ein Mitarbeiter des Landesverfassungsschutzes auch Vorstandsmitglied des Vereins aus Soldaten und Sicherheitskräften war, der Ende 2018 im Zusammenhang mit Vorbereitungen auf einen „Tag X“, Feindeslisten und Berührungspunkten zum rechtsextremen Bundeswehrsoldaten Franco A. in die Schlagzeilen geraten war. Führender Kopf das Uniter-Vereins ist der Ex-KSK-Soldat Andŕe S., der sich selbst in Chatgruppen „Hannibal“ nannte. Der Verein Uniter hatte zuletzt unter anderem Nutzungsverbot auf einem Übungsgelände im baden-württembergischen Mosbach erhalten, weil Hannibal dort unter anderem ein paramilitärisches Training angeleitet hatte.
Mit der Bestätigung aus dem Landesinnenministerium erhält die Affäre um das Hannibal-Netzwerk damit eine neue Dimension. Bis Montag stand der Verfassungsschutzmitarbeiter noch als Vorsitzender des Vereins im Vereinsregister. Am Sonntag hatte die taz die Personalie öffentlich gemacht.
Wie ein Ministeriumssprecher nun am Mittwoch der taz mitteilte, ist der Mitarbeiter bereits seit 2015 für den Verfassungsschutz tätig. In dieser Zeit hatte Hannibal bundesweit Gruppen vernetzt, die er dazu aufgerufen hatte, sich für ein Krisenszenario an einem „Tag X“ vorzubereiten und Safe-Houses anzulegen. An mindestens zwei Treffen hatte auch der rechtsextreme Bundeswehrsoldat Franco A. teilgenommen.
„Rein privater Natur“
Im Mai 2016 dann gründete der Verfassungsschützer gemeinsam mit Hannibal den Verein Uniter e.V. in Stuttgart – und übernahm sogar den Vorsitz. Im Januar 2017 trat er aus dem Vereinsvorstand zurück – kurz bevor die Affäre um Franco A. öffentlich wurde. Das belegen Dokumente, die der taz vorliegen.
Beim Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg kamen offenbar nur wenige Informationen darüber an. Franco A. flog auf, nachdem eine Putzfrau auf einem Flughafen in Wien eine Waffe gefunden hatte – und die österreichischen Behörden informierte.
Das Innenministerium Baden-Württemberg unter CDU-Innenminister Thomas Strobl (CDU) schrieb am Mittwoch der taz, der Mitarbeiter sei vor seiner Anstellung sicherheitsüberprüft worden. „Bei der Sicherheitsüberprüfung und auch bei nachfolgenden Überprüfungen hatte es keine Hinweise auf eine extremistische Gesinnung des Mitarbeiters gegeben.“ Dem Innenministerium selbst sei die Mitgliedschaft des Verfassungsschützers erst durch die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage bekannt geworden, die im Januar veröffentlicht wurde.
Zu der Frage, ob es für die Vorstandstätigkeit bei Uniter einen dienstlichen Anlass gab, schrieb das Landesinnenministerium: „Die Tätigkeit im Verein Uniter e.V. war rein privater Natur.“ Und: „Der Mitarbeiter hat in seiner Zuständigkeit – soweit ersichtlich – keinerlei Berührungspunkte zum Verein Uniter e.V.“
Der MAD habe keine detaillierte Kenntnis
Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg hatte entschieden, Uniter nicht zu einem Beobachtungsobjekt zu erklären. Derzeit lägen keine ausreichenden Anhaltspunkte vor, „dass es sich um eine Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung handelt“. An dieser Beurteilung, so das Innenministerium, sei der Mitarbeiter nicht beteiligt gewesen.
Noch am Mittwochmorgen hatte die taz-Enthüllung den Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages beschäftigt. Christoph Gramm, Chef des Militärischen Abschirmdienstes der Bundeswehr (MAD) hatte laut Teilnehmerangaben vor Abgeordneten gesagt, der MAD habe keine detaillierte Kenntnis von der Rolle des Verfassungsschützers beim Verein Uniter.
Der taz ist die Identität des Mannes bekannt. Es handelt sich um einen früheren Polizisten. Den gesamten Hintergrund und weitere Informationen über das Uniter-Netzwerk lesen Sie ausführlich am kommenden Samstag in der taz am Wochenende.
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