Verfassungsgericht zu Offshore-Windparks: Chance auf Ausgleich
Das Bundesverfassungsgericht gibt Offshore-Windkraftfirmen teilweise recht. Das Windkraft-auf-See-Gesetz muss nachgebessert werden.
Derzeit liefern rund 1.500 Windräder in der deutschen Wirtschaftzone der Nord- und Ostsee Strom. Die installierte Leistung beträgt 7,7 Gigawatt, was fünf großen AKWs entspricht. Die Bundesregierung will die Offshore-Leistung bis 2030 auf 20 Gigawatt erhöhen.
Bis 2017 wurden die Windparks von Fall zu Fall genehmigt. Es gab allerdings immer wieder Probleme mit dem Anschluss an das deutsche Stromnetz, vor allem bei Anlagen, die weit vor der Küste liegen. Mit dem Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) sollten Genehmigungen und Netzanschluss besser koordiniert werden. Außerdem sollten mit der Neuregelung Subventionen eingespart werden, weil nicht mehr die bisherige lukrative Vergütung von 19 Cent pro Kilowattstunde bezahlt werden muss.
Seit 2017 führt der Staat zunächst selbst Voruntersuchungen durch, um geeignete Offshore-Areale zu identifizieren. Für diese Areale findet dann eine Ausschreibung statt, wobei derjenige Anbieter den Zuschlag erhält, der den geringsten Subventionsbedarf hat. In diesen Arealen soll dann auch die Netzanbindung garantiert sein.
Schon hohe Investitionen getätigt
Viele Windkraftunternehmen waren mit der Neuregelung nicht einverstanden. So erhoben die Bremer Projektentwickler der wpd AG eine Verfassungsbeschwerde, weil ihr Nordsee-Windpark Kaikas mit 80 Windrädern bereits eine Genehmigung hatte, nun aber nicht mehr realisiert werden soll. wpd beklagte eine „Enteignung“.
In einer weiteren Verfassungsbeschwerde klagten gemeinsam die PNE WIND AG, die Zweite Nordsee Offshore Holding (die zum Strabag-Konzern gehört) und die International Mainstream Renewable Power Limited. Bei den betroffenen 17 Projektgesellschaften lag zwar noch nicht einmal eine Genehmigung vor. Doch die Entwickler hatten jeweils schon Investitionen in Millionenhöhe getätigt, insbesondere für Gutachten über Bodenbeschaffenheit und Umweltverträglichkeit. Diese Investitionen seien nun völlig entwertet. Übergangsregelungen konnten die Firmen nicht nutzen, da sie wegen fehlender Netzanbindung noch nicht mit dem Bau der Anlagen begonnen hatten.
Nicht unverhältnismäßig
Das Bundesverfassungsgericht stellte nun klar, dass eine bereits bestehende Anlagengenehmigung nicht als Eigentum geschützt ist. Die Richter verwiesen dabei auf ihr Urteil von 2017 zum Atomausstieg. Auch sonst sei das Vertrauen in den Fortbestand der bestehenden Rechtslage nur bedingt geschützt – sonst wäre der demokratisch legitimierte Gesetzgeber zu sehr in seinen Steuerungsmöglichkeiten eingeschränkt.
Eine „unechte Rückwirkung“ von Gesetzen, also der Eingriff in noch nicht abgeschlossene Vorgänge, sei auch beim Windenergie-auf-See-Gesetz grunsätzlich zulässig, so die Richter. Im Fall der Kläger sei das Gesetz aber nicht verhältnismäßig, da es ein milderes Mittel gebe. Der Staat müsse die Unternehmen für ihre Untersuchungen und Vorleistungen entschädigen, wenn er diese selbst nutzen könne. Voraussetzung sei allerdings, dass für die betroffenen Flächen bis Ende 2030 ein Zuschlag für die Errichtung eines Offshore-Windparks erfolgt. Ob die klagenden Windkraftunternehmen am Ende Schadenersatz erhalten, ist also noch keineswegs sicher. (Az.: 1 BvR 1679/17)
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