Verfassungsgericht weist NPD-Antrag ab: Meinungskampf statt Richterspruch
Karlsruhe lehnt es ab, die NPD als „verfassungskonform“ zu bestätigen. Nun soll der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheiden.

Es lebe der Populismus! Bild: dpa
BERLIN taz | Das Bundesverfassungsgericht hat der NPD keinen Persilschein ausgestellt. Der NPD-Antrag, ihr die Verfassungskonformität zu bestätigen, wurde in Karlsruhe jetzt als unzulässig verworfen. Die NPD will nun den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen.
Seit Jahren diskutieren die Bundespolitiker, ob ein neuer Antrag auf ein Verbot der NPD gestellt werden soll. Da ging die rechtsextremistische Partei im letzten November überraschend in die Offensive und stellte selbst einen Antrag in Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht möge der NPD doch bitte bescheinigen, dass sie nicht verfassungswidrig ist.
Als Beleg bekannte sich Parteichef Holger Apfel zum Grundgesetz und lehnte Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung „kategorisch“ ab. Die Richter wiesen den Antrag nun als unzulässig zurück. Laut Gesetz hätten nur Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung das Recht, ein Parteiverbotsverfahren einzuleiten. Dass die fragliche Partei selbst einen Antrag auf Reinwaschung von dem Verdacht stellt, sei nicht vorgesehen.
Gegen das von der NPD monierte „Klima der Feindseligkeit“ könne sich die Partei mit den „Mitteln des Meinungskampfs“ selbst wehren. Auch wenn sie zu vielen Medien keinen Zugang habe, stehe ihr doch das Internet zur Verfügung. Eine politische Diskussion über ein Parteiverbot müsse die NPD aushalten.
Allerdings nannte das Verfassungsgericht zwei Grenzen. Zum einen dürften Staatsorgane eine Partei nicht willkürlich als verbotswürdig bezeichnen. Zum anderen müsse eine Verbotsdiskussion „entscheidungsorientiert“ geführt werden und dürfe nicht nur dem „Ziel der Benachteiligung“ dienen.
NPD spricht von „faktischem Verbot“
Soweit die NPD und ihre Mitglieder unter Hinweis auf ihre Verfassungsfeindlichkeit konkrete Nachteile erfahren, bestehe keine Rechtsschutzlücke, betonten die Richter. Vielmehr müsse dann in jedem einzelnen Fall der Gerichtsweg bestritten werden. Typische Fälle wären nach Karlsruher Ansicht die Auflistung der NPD im Verfassungsschutzbericht oder die Entfernung von NPD-Mitgliedern aus dem Beamtenstatus. Die NPD hatte kritisiert, die vielen Gerichtsverfahren lähmten ihre Parteiarbeit. Die Summe aller Nachteile stelle jetzt schon ein „faktisches Verbot“ dar.
Zum eigentlichen Verbotsverfahren nahm das Gericht in seinem Beschluss keine Stellung. Die Richter gaben auch keine Hinweise, an welchem Maßstab sie einen Verbotsantrag messen werden: ob eine konkrete Gefahr für die Demokratie erforderlich ist oder eine abstrakte Gefahr genügt, ob die Gefahr in ganz Deutschland bestehen muss oder Zuspitzungen in einzelnen Regionen ausreichen.
Im Dezember hat zwar der Bundesrat beschlossen, einen Verbotsantrag zu stellen. Eine Antragsschrift wurde allerdings in Karlsruhe noch nicht eingereicht. Damit wird Mitte des Jahres gerechnet. Erst dann beginnt das Verbotsverfahren. Bundestag und Bundesregierung wollen bis Ende März entscheiden, ob und wie sie sich beteiligen.
Leser*innenkommentare
Ole
Gast
Die Menschenhasser klagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, wie ulkig.
Tim Annegers
Gast
In Niederachsen haben immer noch 0,3 Prozent der Wähler NPD gewählt,warum? Diese Partei ist niemandem zuträglich, schadet dem Ansehen der Bundesrepublik und besetzt einen begriff, nämlich "national" dessen sie nicht würdig ist. Dieser Begriff bezeichnet in Staaten von Israel bis Großbitanien zahlreiche Institutionen in würdiger Form, nur in Deutschland ist es nicht möglich eine Versichereung oder Bank "Natinalbank" zu nennen, da der Begriff hier durch diese Zwergpartei mit beängstigenden Ansichten unlauter besetzt ist. Natürlich braucht es kein Verbotsverfahren, besser wäre der Laden geht aufgrund von absolutem Mitgliederschwund konkurs. Vielleicht könnet man ein Urheberrechtsstreit über den Namen führen, Markenrecht, damit die Partei NPD gezwungen ist, ihren Namen zu ändern. Die Linke ist mir weitaus lieber, da einfach toleranter und wirklich daran interessiert Deutschland voranzubringen, auch wirtschaftlich. Das Ansehen Rostocks und Magdeburgs hat mehr als genug unter dem Schaden durch die rechte Szene gelitten. Dieser Schaden sollte endlich beendet werden, durch Klugheit.
gundi
Gast
Die zögerliche Haltung der Bundesregierung deutet auf wahltaktisches Verhalten hin und führt im Zwefelsfalle dazu, dass sich eine Folgeregierung als Prozessbeteiligter damit auseinandersetzen muss ...
sigibold
Gast
Ja man ist geneigt mit Blick auf die NPD die Sache zu verwerfen. Aber denken wir uns 30 bis 40 Jahre zurück.
Da gab es den berüchtigten Extremistenerlass, der z.B. Lokführer am Arbeiten hinderte(Die waren damals noch Beamte), nur weil sie der als verfassungsfeindlich vermuteten DKP angehörten. Das habe ich damals durchaus als eine Art Rechtsbeugung seitens des Staates empfunden. Vielleicht sollte es schon eine rechtliche Möglichkeit einer Partei geben sich gegen die Willkürentscheidungen des Staates zur Wehr zu setzen. Sozusagen eine Selbstanzeige, oder wie man das juristisch nennen mag, zur Klärung des Status.
Gut, die Rechtslage erlaubt es dem Verfassungsgericht anscheinend nicht, Entsprechendes festzustellen. Eventuell ist da aber eine Lücke im Gesetz. Oder sie wollten einfach nicht. Sehr veständlich aber ob richtig?
Wolfgang Banse
Gast
Entscheidung des Bundesverfasungsgerichtes im Hinblick auf die NPD ist zu begrüßen.
aujau
Gast
Als Verfassungsrechtler koennte ich auch meine Zeit besser verschwenden, als ausgerechnet die NPD zu bestaetigen.