Verfassungsdebatte in Bosnien: Serbenführer verursacht Eklat
Der mit Korruptionsvorwürfen konfrontierte Premier der serbischen Teilrepublik, Milorad Dodik, lässt die Gespräche mit den muslimischen und kroatischen Bosniern platzen.
SARAJEVO taz Bosnien und Herzegowina wird wohl noch lange auf eine neue Verfassung warten müssen. Der Ministerpräsident der serbischen Teilrepublik und Vorsitzende der Serbischen Unabhängigen Sozialdemokraten Milorad Dodik verließ am Samstag ein Treffen der wichtigsten Parteien der drei Volksgruppen mit einem Eklat.
Seit gemeinsamen Gesprächen Anfang Dezember in der ostbosnischen Stadt Prud waren sich die Parteichefs - neben Dodik der Vorsitzende der bosniakischen SDA, Sulejman Tihic und der Vorsitzende der kroatischen Partei HDZ, Dragan Covic - näher gekommen und hatten im Januar sogar Eckpunkte für eine neue Verfassung verabschiedet. Doch schon Stunden nach dem damaligen Treffen gingen die Interpretationen über dieses Papier weit auseinander. Tihic und Covic wollen die im Friedensvertrag von Dayton 1995 durchgesetzte Trennung der Bevölkerungsgruppen überwinden, Dodik besteht auf der Existenz der serbischen Teilrepublik. Er erklärte am Samstag in Mostar, die Existenz der Republika Srpska sei unantastbar, zudem trete er für ein Recht auf Sezession ein.
Tihic beharrte jedoch auf einer Verfassungsreform, um das Land auf die Annäherung an Europa vorzubereiten. Dodik habe den Eklat verursacht, weil er persönlich ins Fadenkreuz der Staatsanwaltschaft und der Zentralpolizei Sipa geraten sei, vermuten diplomatische Quellen in Sarajevo. Vor allem Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Bau eines Regierungspalastes für 80 Millionen Euro in der Hauptstadt der Republika Srpska, Banja Luka, könnte ihm zu schaffen machen. Ungeklärt ist auch, wie Dodik mit seinem Gehalt in der Lage war, sich eine Villa in der teuersten Gegend von Belgrad bauen zu lassen.
Da der Staatsanwalt und der Sipa-Vizedirektor Serben sind, wird es Dodik schwerhaben, die Anklage als Politik der Bosniaken und Kroaten hinzustellen. Die internationalen Institutionen halten sich zurück, behindern aber nach Informationen aus Polizeikreisen die Staatsanwaltschaft nicht. In den nächsten Tagen wird in Brüssel eine Entscheidung über die Nachfolge des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien, Miroslav Lajcák, fallen.
ERICH RATHFELDER
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