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Verfahren gegen Trump werden eingestelltSkrupel- und Rückgratlosigkeit

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Der von Noch-Präsident Joe Biden eingesetzte Sonderermittler Jack Smith hebt die Verfahren gegen den künftigen Präsidenten Trump auf. Das ist fatal.

Hat die Verfahren gegen Donald Trump aufgehoben: Sonderermittler Jack Smith

D onald Trump hat es geschafft. Er kommt wieder ungeschoren davon – wie in seinem gesamten Geschäftsleben, so nun auch in der Politik. Der ehemalige und zukünftige US-Präsident hat versucht, die Ergebnisse der Wahl 2020 in ihr Gegenteil zu verkehren, hat Bundesangestellte und seinen eigenen Vizepräsidenten zum Rechtsbruch aufgefordert, schließlich einen gewaltsamen Aufstand angezettelt, Geheimdokumente widerrechtlich in seinem Privatdomizil gelagert und Schweigegeldzahlungen vertuscht – und wird für nichts davon belangt. Angesichts seiner Wiederwahl zum Präsidenten hat Sonderermittler Jack Smith um Einstellung der beiden noch laufenden Verfahren auf Bundesebene ersucht, die zuständige Richterin kam dem nach.

Zu diesem Zeitpunkt kann diese Entscheidung kaum noch verwundern. Trump hat sich schon kurz nach seiner Wahlniederlage politisch gegen Strafverfolgung immunisiert. Schon 2022, außergewöhnlich früh, erklärte er seine erneute Kandidatur für 2024 – um ab diesem Moment jedes Strafverfahren, von dem er genau wusste, dass es auf ihn zukäme, zur Vendetta der Biden-Regierung gegen einen unliebsamen Konkurrenten erklären zu können.

In der willfährigen Republikanischen Partei und einer außer Rand und Band geratenen konservativen Medienblase fand er dafür eine riesige Resonanzkammer und die damit einhergehende Delegitimation des Rechtsstaats. Jetzt, als frisch gewählter Präsident, erklärt er mal, den Missbrauch der Justiz gegen politische Gegner stoppen zu wollen, mal will er seine Widersacher vor Gericht stellen.

Die Mischung aus Trumps Skrupel- und republikanischer Rückgratlosigkeit, Elon Musks Dollarmilliarden und der Perspektive weiterer vier Jahre Trumpscher Richternominierungen ist erschreckend. Trump selbst hat immer davon gesprochen, die „Hexenjagd“-Prozesse gegen ihn ließen die USA aussehen wie eine Bananenrepublik. Der rassistische Ausdruck bezeichnet im Kern institutionell schwache Staaten, in denen sich Korruption und das Recht des Stärkeren durchsetzen. Trump führt die USA genau da hin.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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18 Kommentare

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  • Dies ist ein neues Kapitel. Abschaffung der Demokratie der Reichen in der USA. Zugunsten eines Machtmonopols, sozusagen eines Cäsars. Solch ein Anführer kann in Krisen viel schneller agieren. ABER wenn wenig begabt oder unbegabt oder dumm, dann so jemand ein Desaster. Die USA liefen, allerspätestens seit Reagan, Richtung einen neuen Cäsar/ Machtkonzentration.



    Auf der anderen Seite ist Europa und Deutschland politisch fest gefahren. Wir haben aus der Geschichte des Litauschisch-Polnischen Commonwealth nichts gelernt. Deutschland hat ja noch nicht einmal aus unserer Weimarer Republik wirklich etwas gelernt, sonst hätten wir sehr scharfe Gesetze, mit echten, harten Gefängnissstrafen, gegen alle Arten und Formen der Korruption (Legal/illegal/Graubereich) und des gegenseitigen Rückenkratzens.

    • @Arjun G. G.:

      "ABER wenn wenig begabt oder unbegabt oder dumm, dann so jemand ein Desaster."

      Selbst Intelligente können dumm handeln, und umgekehrt können Dumme intelligent agieren & denken.



      Warum dann so eine ableistische Denkweise bei Ihnen?

  • Erst hiess es, Smith würde die Verfahren für die Dauer Trumps Präsidentschaft pausieren - nicht einstellen - so dass sie nach dem Ende seiner Immunität wieder aufgenommen werden können, ohne zwischenzeitlich verjährt zu sein ... was ist eigentlich daraus geworden?

    • @Stechpalme:

      Er legt die Verfahren "without prejudice" auf Eis. Sie könnten also, wenn der Clown nach 4 Jahren nicht mehr im Amt wäre, wieder aufgenommen werden. So, wie es aber im Moment aussieht, ist das nicht sicher. Er hab bereits erklärt, er wird nochmal kandidieren. Das ist wieder mal ein Fall fürs Supreme Court, weil ja Amtszeitbeschränkung auf 8 Jahre. Aber wir können sicher sein, dass die das einfach durchwinken, wie alles andere auch. Schlimmer wäre es noch, wenn er irgendwann abnippelt, und dann bekommt das Land JD Vance als Präsidenten.

  • In Deutschland hat die Abschaffung der Demokratie 1933 auch nicht lange gedauert. Ca. 2 Monate und dann war Schluss. Wir sehen, wie schnell es in den USA geht. Und wir werden sehen, wie schnell es bei uns gehen wird.

    • @Jalella:

      Sie zucken noch, wie man so schön sagt. Aber genau wie in Deutschland machen sie sich weniger und weniger die Arbeit, ihren Faschismus zu verstecken.

  • Dadurch, dass Smith das Verfahren derzeit aufhebt, kann er es wieder aufnehmen, wenn Trump nicht mehr Präsident ist. Vielleicht sollte der Artikel noch mal überarbeitet werden, das wird Smith nicht gerecht.

  • »Die Bundesregierung hält sich an Recht und Gesetz, weil niemand über dem Gesetz steht. Es gilt die Unabhängigkeit der Justiz, die in diesem Fall zu dem Schluss gekommen ist, dass es hinreichend Indizien für sie gibt, diesen Schritt jetzt zu unternehmen.«, so stützte Baerbock den Internationalen Gerichtshof.



    Ich wünsche den Vereinigten Staaten, dass bei allem Schutz von Chefs während ihrer Amtszeit die solchen Ansätzen entsprechende Gleichheit vor dem Recht zumindest nach den vier Jahren sichergestellt wird. Sonst wird es eine Art Netanyahu geben, der ja sogar einen Krieg weiterführen und eskalieren lässt, um nicht in den Knast zu müssen.

    • @Janix:

      "Ich wünsche den Vereinigten Staaten, dass bei allem Schutz von Chefs während ihrer Amtszeit die solchen Ansätzen entsprechende Gleichheit vor dem Recht zumindest nach den vier Jahren sichergestellt wird. Sonst wird es eine Art Netanyahu geben, der ja sogar einen Krieg weiterführen und eskalieren lässt, um nicht in den Knast zu müssen."

      Besteht das Problem Netanjahu nicht eben genau darin, dass er zu Lebzeiten nicht aus dem Amt scheiden möchte, gerade weil dann seine Immunität endet und er vor Gericht landen könnte? Lebenslang immun ist auch keine Lösung. Es bleibt einfach nur die Hoffnung auf eine kommende Wahl, nach der jeweils ein Trump lebenslang vor Gericht steht, weil die Aufarbeitung des ganzen Mists mindestens so lange dauern wird und dass eine säkulare israelische Regierung Netanjahu in Den Haag abliefert mit den Worten "In Israel wurde er schon wegen allem verknackt, was die Gesetzbücher hergeben, jetzt seid ihr dran..."

      • @travellingpete:

        "Es bleibt einfach nur die Hoffnung auf eine kommende Wahl, nach der jeweils ein Trump lebenslang vor Gericht steht, ... ".



        Es wird keine Wahl in den USA mehr geben. Jedenfalls keine demokratische (USA like). Gegen Ende oder auch schon Mitte der Trump'schen Amtszeit wird man die USA innenpolitsch eskalieren lassen, den Nationalen Notstand ausrufen, Militär gegen die Inneren Feinde einsetzen und alles tun, um an der Macht zu bleiben, aber Nichts, um einen Präsident demokratisch wählen zu lassen.



        Trump hat es versprochen: Wenn ihr mich wählt, braucht ihr nie mehr zur Wahl gehen.

        • @LeKikerikrit:

          Ich hoffe, Sie haben nicht recht, aber ich denke, genau so wird es kommen.

      • @travellingpete:

        Wir zielen grob in dieselbe Richtung. Dass ein Regierungschef nicht durch Prozesse lahmgelegt werden soll, verstehe ich noch, aber dass ein Netanyahu oder Trump mit Hilfe von Powerpolitik und Winkeladvokaterie noch nicht hinter Gitter kam, ist unglücklich.

  • Kann es sein, dass er angesichts der jetzigen Personalauswahl von Trump schlicht Angst um das Leben von sich und seiner Familie hat?



    Denn eine Option, die Verfahren einfach bis zum Ende der Präsidentschaft auf Eis zu legen, scheint er nicht zu sehen oder nicht zu haben.



    Wieviele Balkone gibt es eigentlich in Washington?

  • Das Land der "Freiheit - Liebenden" verabschiedet sich von seiner Demokratie. "Lange lebe der Cäsar"



    Ääh Kaiser, Ääh Trumpi, Trumpel, Trärää??

  • Wieder einer aus der links-grünen Blase, der von der Realität eingeholt wird

    • @Richard Heininger:

      Wenn das die Realität ist, ist sie mit demokratischer Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar.

  • Liest sich, als hätte Jack Smith aufgegeben.



    An anderer Stelle las ich, dass gegen den Päsident keine Strafverfahren geführt werden können.



    Danach schon !



    Als hat sich Jack Smith nur an Recht und Gesetz gehalten.



    Er bekommt im Team Trump sowieso keinen Posten. Im Gegenteil: er wird gefeuert.

    • @LeKikerikrit:

      Wenn er Glück hat, wird er nur gefeuert.