Verfahren eingestellt: 500 Euro Geldbuße nach Naziblockade
Hans Coppi (67) soll einen Polizisten mit einer Stange geschlagen haben. Das Verfahren wurde nun eingestellt - gegen eine Geldbuße.
Nach der Teilnahme an Protesten gegen einen Neonaziaufmarsch muss der 67-jährige Antifaschist Hans Coppi jetzt 500 Euro Geldbuße zahlen. Dem Sohn der von den Nazis hingerichteten Mitglieder der Widerstandsgruppe "Rote Kapelle" Hilde und Hans Coppi war vorgeworfen worden, am Rande der Demo einen Polizisten mit einer Stange geschlagen zu haben. Gegen Zahlung des Geldes werde das Verfahren eingestellt, hat das Amtgericht Königs Wusterhausen nun entschieden.
Rund 600 Menschen hatten in der südlich von Berlin gelegenen Stadt am 5. Dezember 2009 gegen einen Aufmarsch von 260 Anhängern rechter Kameradschaften demonstriert. Eine Sitzblockade von rund 50 Autonomen gegen den Nazi-Aufmarsch war von der Polizei aufgelöst worden.
Der 67-jährige Rentner, promovierter Historiker und Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten, hatte zu dieser Zeit am Rande der Sitzblockade gestanden. Er wurde wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hatte er bei der Räumung der Straße versucht, einen Polizisten mit einer mitgeführten Fahnenstange zu schlagen und zu stechen.
Coppi, der nach eigenen Angaben bisher lediglich wegen Falschparkens belangt worden war, widersprach. Vor Gericht gab er an, die Fahnenstange sei ihm entrissen worden und er habe versucht, sie festzuhalten.
Es stand Aussage gegen Aussage. Dem Gericht gelang es trotz Polizeivideos und Fotos nicht, die Wahrheit herauszufinden. "Mein Anwalt hat mir geraten, der Geldbuße zuzustimmen", sagte Coppi. Dass das Geld an das Bündnis gegen Rechts in Königs Wusterhausen geht, habe ihm die Entscheidung erleichtert, obwohl 500 Euro für einen Rentner viel Geld seien, so Coppi. "Mich haben aber schon Freunde nach meiner Kontonummer gefragt."
Die Blockade von Königs Wusterhausen hat mittlerweile Schule gemacht. In diesem Jahr wurde so gleich in mehreren Städten in Brandenburg erfolgreich gegen Naziaufmärsche protestiert. "Ob in Eberswalde, Bernau oder Strausberg - in den vergangenen Wochen blockierten Antifaschistinnen und Antifaschisten immer wieder die Aufmarschversuche von Neonazis", sagt Markus Tervooren vom Vorstand der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes.
Auch für kommenden Samstag in Finsterwalde sowie für den 10. Juli in Manschnow in Oderbruch mobilisieren Bürger gegen rechte Aufmärsche.
MARINA MAI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag