Verdacht auf Volksverhetzung: Streit um rechte Wahlplakate
Hetzerische Wahlwerbung sorgt im Norden für Protest. In Mecklenburg-Vorpommern wurden NPD-Plakate abgehängt, die Stadt Osnabrück wartet noch ab.
Der Brandanschlag macht deutlich, wie brisant die aktuelle Debatte um rechte Wahlplakate ist, mit denen die Parteien zur Europawahl und zu Kommunalwahlen gegen Jüdinnen und Juden sowie Migrantinnen und Migranten hetzen.
Auch in Hannover waren antisemitische Plakate der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ aufgetaucht, die bundesweit für Empörung sorgen. Auf ihnen steht: „Israel ist unser Unglück! Schluss damit!“ Jüdische Gemeinden protestierten öffentlich gegen die Plakate.
Bereits am 10. Mai hat die Deutsch-Israelische Gesellschaft Hannover bei der örtlichen Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet. Bisher habe es noch keine Antwort gegeben. „Die Parolen der Neonazis sind schlimm. Die ausbleibenden angemessenen Reaktionen von Staat und Gesellschaft sind schlimmer“, heißt es in der Stellungnahme.
Wie sie mit den umstrittenen rechten Wahlplakaten umgehen sollen, darüber sind sich die Städte und Kommunen im Norden derzeit offenbar uneins.
Stellungnahme der Deutsch-Israelische Gesellschaft Hannover
Nachdem auch in Osnabrück NPD-Wahlplakate mit der Aufschrift: „Stoppt die Invasion: Migration tötet“ aufgetaucht sind, verhält sich die Stadtverwaltung dort zunächst passiv. Zwar sei in der Stadt von Bürger*innen gegen die NPD Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet worden, wie der Pressesprecher der Polizeiinspektion, Frank Oevermann, bestätigte.
Der Stadt selbst seien die Plakate jedoch nicht bekannt. Man wolle dort die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft abwarten. Die rechnet nicht mit einem baldigen Ergebnis, die Untersuchung werde wohl noch Wochen, eher Monate dauern.
Das Verwaltungsgericht Schwerin war in der Sache bereits am Freitag zu einem Ergebnis gekommen. Einen Eilantrag der NPD mit dem Ziel, die Entfernung der Plakate in Parchim zu verhindern, lehnte es ab. „Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Ordnungsverfügung eine rechtmäßige Gefahrenabwehr darstellt“, urteilten die Richter, „die aufgehängten Plakate erfüllten den Straftatbestand der Volksverhetzung“.
Volksverhetzung ist in Deutschland ein Äußerungsdelikt nach §130 Strafgesetzbuch (StGB). Die Äußerung muss geeignet sein, „den öffentlichen Frieden zu stören“, und sich gegen eine gesellschaftliche Gruppe oder Einzelne richten und zum Hass aufstacheln oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordern.
Zu dieser Auffassung war auch der Landkreis Vorpommern-Greifswald gelangt. Laut Rechtsamt und Ordnungsbehörde stellen die Plakate „eine gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ dar und erfüllen den Tatbestand der Volksverhetzung. Die Kreisverwaltung ließ die Plakate deshalb entfernen und stellte Strafanzeige gegen die NPD.
Auch die Landkreise Vorpommern-Rügen, Ludwigslust-Parchim, Mecklenburgische Seenplatte und Rostock sowie die kreisfreien Städte Rostock und Schwerin hatten am Donnerstag angekündigt, die entsprechenden Plakate abzuhängen.
Das Innenministerium stärkte den Landkreisen und Städten daraufhin den Rücken. Die „Hetzplakate“ seien verfassungsfeindlich und „ein klarer Missbrauch der Meinungsfreiheit im Kommunal- und Europawahlkampf“, sagte Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Damit sei ein Anfangsverdacht einer Straftat begründet und das Entfernen der Plakate gerechtfertigt.
Das Innenministerium in Thüringen hatte die Plakate ebenfalls untersagt und die NPD aufgefordert, diese abzuhängen. Das Landesverwaltungsamt hat am Montagnachmittag in einem Erlass die Ordnungsämter gebeten, die NPD dazu aufzufordern. Die Kommunen können zudem selbst entscheiden, wann Wahlwerbung eine „gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ darstellt.
Dass Osnabrück nicht gegen die Plakate vorgeht, hält Tim Zumloh, 1. Vorsitzender des Vereins „Exil – Osnabrücker Zentrum für Flüchtlinge“, für falsch. „Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, aber solche Plakate sollte man verbieten, da ist die Grenze bei weitem überschritten. Da muss eine Stadt ganz klar zeigen, wie sie zu den Rechten steht.“
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