Verbraucherschützerin über „Dash“-Knopf: „Der Kunde verliert den Preisbezug“
Die Verbraucherschützerin Lina Ehrig fürchtet, dass dank Amazon und seinem Dash-Knopf die Preistransparenz verlorengeht.
taz: Frau Ehrig, in Deutschland kann man jetzt bei Amazon per Dash-Button, mit dem per Knopfdruck automatisch ein Produkt bestellt wird, einkaufen. Wie beurteilen Sie diese Technik aus Verbrauchersicht?
Lina Ehrig: Durch die Nutzung des Dash-Buttons bindet sich ein Verbraucher stark an Amazon. Diese Bindung an eine Plattform kann für den Verbraucher schlecht sein, weil dadurch der Wettbewerb und die Vielfalt abnehmen können.
Was heißt das konkret?
Wenn ich zum Beispiel durch den Dash-Button und die Versandoption von Amazon Prime noch stärker an eine Plattform binde, könnte die Möglichkeit, Preise zu vergleichen, eingeschränkt sein. Der Verbraucher könnte auch schlicht das Interesse verlieren, Preise zu vergleichen. In Zukunft könnten Kunden hinnehmen, dass ein Produkt so oder so viel kostet. Der Kunde verliert den Bezug zum Preis. Zudem gibt es keine Transparenz über den Preis. Was man wirklich bezahlt, wenn man den Button betätigt, weiß man nicht, denn neben Fragen der Preisangabe auf dem Button selbst verändern sich bei Amazon die Preise dynamisch. Ob das rechtens ist, kann ich nicht abschließend beurteilen.
ist Juristin und leitet das Team Digitales und Medien bei der Verbraucherzentrale Bundesverband
Wie ist die rechtliche Lage, wenn man den Knopf aus Versehen betätigt oder ein Kind draufdrückt?
Der Verbraucher hat eine Widerrufsmöglichkeit, ein Rücksenderecht, das wird auch beim Dash-Button gelten. Auch ist bei dem Button eine Sicherung eingebaut, die verhindert, das weitere Produkte geliefert werden, wenn die erste Lieferung noch nicht angekommen ist. Man kann in der App auch festlegen, was die maximale Anzahl der Bestellungen sein soll.
Die Juristin leitet das Team Digitales und Medien bei der Verbraucherzentrale.
Sehen Sie die Gefahr, dass die Produktvielfalt längerfristig eingeschränkt wird?
Dies hängt von den Bedingungen ab, die Amazon den Produktanbietern für einen eigenen Dash-Button macht. Wenn dabei die Hürde sehr hoch gehalten wird, dann könnte dies zu einem Problem werden. Ich gehe aber davon aus, dass Amazon ein Interesse daran hat viele Dash-Buttons anzubieten. Aber hier müssen wir abwarten, wie sich die Dash-Buttons entwickeln.
Glauben Sie, dass andere Anbieter nachziehen werden?
Das kann ich mir durchaus vorstellen. Es kann lukrativ sein, den Kunden durch eine weitere Vereinfachung und einen höheren Komfort an sich zu binden. Dadurch wird für die Verbraucher oberflächlich ein Mehrwert generiert und ein anderes Kaufverhalten erzeugt. Das ist für andere Internetplattformen, wie Ebay, durchaus eine Option.
Ist das die Zukunft des Einkaufs?
Ich habe jetzt keine Glaskugel, aber es ist definitiv eine Methode, die das Einkaufsverhalten verändern könnte. Für uns als Verbraucherschützer ist das definitiv ein wichtiger Punkt.
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