Verbotsverfahren gegen die NPD: Elf V-Leute in Spitzenämtern
Der Bundesrat liefert neues Material für das Verbotsverfahren der rechtsextremen Partei – inklusive einer Liste einstiger Top-V-Leute.
BERLIN taz | Es sind vier Aktenordner, jeweils mehrere hundert Seiten stark, die das Bundesverfassungsgericht am Freitag erreichten. Damit lieferte der Bundesrat pünktlich zum Fristende die von den Richtern nachgeforderten Materialien zum NPD-Verbotsverfahren.
Der zuständige Senat hatte im März die Bundesländer aufgefordert, genauer darzulegen, dass deren vorgelegte Dokumente frei sind von jeder Mitwirkung von V-Leuten. Dies hatten die Innenminister bis dahin lediglich pauschal testiert.
Dem kommen die Länder nun nach. Nach taz-Informationen werden in dem gut 30-seitigen Hauptschriftsatz elf Informanten aus den Bundes- und Landesvorständen der NPD benannt, die 2012 als letzte abgeschaltet wurden. Im März 2012 hatten sich die Innenminister auf das Abziehen aller hochrangiger V-Leute aus der NPD verständigt.
Die aufgeführten Namen sind geschwärzt, werden aber nach Bundesländern aufgeschlüsselt. Demnach wurden drei Funktionäre vom Bundesamt für Verfassungsschutz geführt, je zwei von den Ämtern in NRW und Bayern und je einer in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachen und Hamburg. Dokumentiert werden dazu interne Verfügungen und Abschalterklärungen.
Das erste NPD-Verbotsverfahren war 2003 daran gescheitert, dass der Verfassungsschutz parallel V-Leute in der NPD führte und so unklar blieb, wem politische Äußerungen der Partei zuzurechnen waren. Ende 2013 startete der Bundesrat einen neuen Verbotsanlauf – diesmal mit der Versicherung, keine Informanten in den Spitzengremien mehr zu haben.
Sorge um Enttarnung
Der Prozessbevollmächtige des Bundesrats, der Berliner Jura-Professor Christian Waldhoff, zeigte sich am Freitag zuversichtlich. „Wir erfüllen vollständig, was das Bundesverfassungsgericht verlangt“, kommentierte er das nachgereichte Material. „In einigen Punkten gehen wir sogar darüber hinaus.“
Intern äußerten sich die Sicherheitsbehörden aber durchaus besorgt, dass die Auflistung zu einer Enttarnung der einstigen V-Leute führen könnte. Denn Einblick in das Material bekommt nun auch die NPD. Man sei „bis an die äußerste Grenze“ der Transparenz gegangen, hieß es. Sollte das Gericht damit immer noch nicht zufrieden sein, bleibe nur ein In-Camera-Verfahren, bei dem nur die Richter die geheimen Materialien einsehen dürfen, nicht aber die Beklagte, die NPD.
Die rechtsextreme Partei wollte sich am Freitag nicht äußern. Man habe den Schriftsatz noch nicht erhalten, sagte der NPD-Rechtsbeauftragte Frank Schwerdt. Die Zahl der Spitzel aber überrasche ihn nicht. „Wir stehen ja seit jeher im Fokus“, so Schwerdt. „Ich hatte eigentlich mit mehr gerechnet.“
Das Bundesverfassungsgericht will bis Herbst über eine Eröffnung des Verbotsverfahrens entscheiden.
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