Verbot von Atomwaffen: Die Mehrheit ist für Verhandlungen
Drei Viertel der Deutschen sind dafür, in Verhandlungen über ein Verbot der Nuklearwaffen einzusteigen. Die Bundesregierung boykottiert diese bislang.
Die Verhandlungen über das Atomwaffenverbot, an denen sich bislang 138 der 193 Mitgliedstaaten in der UNO-Generalversammlung beteiligen, gehen am Donnerstag in die zweite Runde. Russland und die USA fehlen ebenso wie die meisten europäischen Nato-Staaten inklusive Deutschland.
In der Umfrage sprachen sich 77 Prozent der CDU/CSU-WählerInnen für eine Beteiligung der Bundesregierung aus. Unter den AnhängerInnen der SPD liegt die Zustimmung bei 83 Prozent. Noch höher ist der Anteil der Jastimmen bei den WählerInnen der Grünen (85 Prozent) sowie der Linken und der FDP (je 86 Prozent). Unter den AfD-Wählerinnen unterstützen 67 Prozent die Forderung nach einer deutschen Verhandlungsteilnahme.
Parallel zum Alter der Befragten steigt die Zustimmung kontinuierlich von 67 Prozent unter den 18- bis 24-Jährigen bis auf 81 Prozent bei den Befragten über 55. Die repräsentative Umfrage unter 2.072 BundesbürgerInnen über 18 Jahren wurde Ende Mai vom britischen Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführt.
„Diese Umfrageergebnisse zeigen, dass die Bundesregierung mit ihrer Blockadehaltung gegen den Willen der Bevölkerung handelt“, sagte Sascha Hach von der deutschen Sektion der Internationalen Kampagne für das Verbot von Atomwaffen (ICAN), die die Umfrage in Auftrag gegeben hatte. Die Bundesregierung solle die Ergebnisse „zum Anlass nehmen, um ihre Meinung zu überdenken, und an der diese Woche beginnenden Verhandlungsrunde konstruktiv teilnehmen“. Dies hatten letzte Woche in einem Brief an Außenminister Sigmar Gabriel auch Pax Christi, Medico International, Oxfam und andere Nichtregierungsorganisationen gefordert.
Sascha Hach, ICAN
Gabriel rechtfertigte hingegen erneut den Verhandlungsboykott der Bundesregierung. Zwar sei es „gut und richtig, dass die Vereinten Nationen eine atomwaffenfreie Welt anstreben“, sagte er der dpa. Aber die Verhandlung in der UNO mache „natürlich wenig Sinn“, da „ausgerechnet die Staaten mit Atomwaffen daran nicht teilnehmen“. Statt auf ein generelles Verbot setzt das Auswärtige Amt auf Fortschritte bei bestehenden Instrumenten wie dem Atomwaffensperrvertrag. Diesen haben zwar mehrere Atomwaffenstaaten unterschrieben haben, seine praktische Auswirkungen sind aber begrenzt.
Gabriels Argumente seien „vorgeschoben“, kritisierte Xanthe Hall von der Internationale Ärztevereinigung gegen den Atomkrieg. Ein Verbot habe „auch ohne die Atomwaffenstaaten praktische Auswirkungen“. Denn dann dürften keine Bomben mehr auf dem Boden der unterzeichnenden Länder gelagert werden. Aus Deutschland müssten beispielsweise die US-Atomwaffen in Büchel abgezogen werden. „Wahrscheinlich ist das der wahre Grund, weshalb Gabriel gegen ein Verbot ist“, erklärte Hall.
„Gabriels Gesprächsverweigerung kommt einer diplomatischen Bankrotterklärung gleich“, kritisierte ICAN-Sprecher Hach. Der Außenminister stelle mit der Nichtteilnahme „Machtpolitik über Frieden und Rüstungskontrolle.“
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott