Verbot elektronischer Einwegzigaretten: Elektroschrott nach 700 Zügen
Belgien verbietet als erstes EU-Land Einweg-E-Zigaretten. Die nächste deutsche Regierung sollte sich das auf die To-do-Liste schreiben.
Ein Zug, es leuchtet, Dampf strömt in den Mund, in die Lunge. Süßlich, leicht, als wäre es nichts. Gibt es ab 4 Euro. Guave, Waffel, Gummibärchen, mit und ohne Nikotin, steht im Kiosk neben den Süßigkeiten.
Tabakfreie Verdampfer wie E-Zigaretten waren einst die „gesündere“ Alternative zum Rauchen. Heute haben sie sich zu einer eigenen jungen Rauchkultur entwickelt. Bunt, süß, elektronisch. Doch die sogenannten Disposables sind zum Problem geworden. Weil sie ungesund und umweltschädlich sind, hat Belgien die Einweg-E-Zigaretten jetzt verboten.
Elektronische Zigaretten sind niedrigschwellig. Genau deshalb sind sie für Jugendliche gefährlich, warnen Suchtmediziner:innen. Die Aromen unterdrücken den Hustenreiz, den Nikotin normalerweise verursacht, der Einstieg in die Nikotinsucht wird damit leichter. Die ständige und kontinuierliche Konsummöglichkeit – anders als bei der Zigarette, die irgendwann aus ist, erlaubt die E-Zigarette nur den einen Zug zwischendurch – befördert eine Abhängigkeit weiter.
700 Züge
Und auch für die nikotinfreien Produkte gilt: Sie sind Ressourcenschleudern. Jedes Gerät hat eine Lithium-Ionen-Batterie, die kritische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt oder Kupfer enthält. Für die seltenen Erden werden Menschen ausgebeutet, Natur zerstört und riesige Wassermengen verbraucht.
Nach durchschnittlich etwa 700 Zügen, nach lediglich einem Nutzungszyklus, bleibt nur schadstoffhaltiger Elektroschrott. Einer Studie der britischen Recyclingorganisation Material Focus zufolge wird davon nur ein Bruchteil richtig entsorgt. Der Großteil landet als giftiger und gefährlicher Abfall im Restmüll oder auf der Straße.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
In Belgien als erstem Staat in der Europäischen Union dürfen seit dem 1. Januar 2025 nun keine Disposables mehr verkauft werden. Das Ziel: Es soll dort bald eine „rauchfreie Generation“ geben. Das Land fordert auch die EU-Kommission auf, die Tabakgesetzgebung zu modernisieren; in Frankreich, Irland und Großbritannien gibt es bereits Bestrebungen.
Fünf Millionen Einwegzigaretten pro Woche
Und in Deutschland? Die Verbraucherzentrale Hamburg schätzt, dass in Deutschland mehr als fünf Millionen elektronische Einwegzigaretten pro Woche konsumiert werden. Umwelt- und Gesundheitsverbände fordern seit Langem ein Verbot. Auch der Bundesrat hat sich wiederholt für ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten ausgesprochen, zuletzt im November. Doch die Ampelregierung und die grüne Umweltministerin Steffi Lemke haben lediglich eine Rücknahmepflicht der Einweggeräte bei Verkaufsstellen beschlossen, mehr nicht.
Ein Verbot der Disposables hätte zwar nicht die problematische Rauchkultur in Deutschland verändert, aufladbare E-Zigaretten gibt es weiterhin, Tabak sowieso. Aber es hätte die Ressourcenverschwendung eingedämmt. So wird ein Verbot Aufgabe der nächsten Regierung sein, während die Ampel langsam verdampft – in weniger süßliches Nichts.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart