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Vielleicht kann man von Nancy Faeser nicht mehr erwarten, als medial inszenierte Polizeiaktionen.
Ich sage es mal so, besser als gar nichts.
Alles was Nazis schadet, ist gut.
Ich verstehe in allen Fällen überhaupt nicht, warum die Presse vorab informiert wird. Warum sollte man das tun?
@Ansgar Reb Vermutlich, weil man staatliches Durchgreifen auch medial inszenieren will...
Die Bundesinnenministerin kann gar nicht genug unterstützt werden, im Kampf gegen die Feinde der Menschheit! Außerdem kann die SPD so wirklich punkten!
Ein Verbot, besonders von Medien, ist in einer Demokratie das allerletzte Mittel. Glaube kaum, dass dies vor Gericht Bestand haben wird.
@Ernie Das Problem ist, dass sich solche Verfahren in die Länge ziehen können, weshalb das Risiko groß ist, dass der Kläger scheitert und am Ende doch vor einem Scherbenhaufen steht. Und auch damit sendet man ein Signal, das weit über den konkreten Fall hinausgeht. Ich verstehe ja, dass es vielen schwer fällt, sich ausgerechnet mit diesem ekelhaften Elsässer zu solidarisieren, aber hier steht einfach mehr auf dem Spiel.
Ob das in der Sache richtig ist muss sich noch erweisen. Der Deutsche Journalistenverband Zb. hält es für falsch das man eine GmbH nach dem Vereinsrecht verbietet. Ebenfalls der Verfasungsrechtler David Werdermann von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Auch gehört Herr Kubicki FDP Abgeordneter und Rechtsanwalt zu den Skeptikern die Bedenken haben das ein Gericht das Verbot widerruft.
@Martin Sauer Und vollkommen zurecht; in der taz ist ja heute auch ein Artikel erschienen, der das rechtliche Prozedere erklärt und mir wird Angst und Bange, wenn ich das lese:
taz.de/Rechtliche-...t-Verbot/!6021030/
Wenn man sich auf den Umweg über das Vereinsrecht einlässt, können Ministerien auf Zuruf des Geheimsdienstes ohne jedes vorangehende (!) Gerichtsurteil aufgrund recht allgemeiner Anschuldigungen Medien dicht machen - die dann darauf hoffen können, Jahre später mit einer Klage gegen dieses Vorgehen Erfolg zu haben.
Natürlich sind Rechtsextreme wie Elsässer eine Gefahr für die Demokratie; das zunehmend selbstherrlich-autoritäre Agieren einiger Ministerien ist allerdings nicht weniger beklemmend. Man verteidigt die Demokratie nicht, indem man wie in einer Bananenrepublik auf Feindesjagt geht.
Seit Jahren verbreitet das Compact Magazin rechtsextreme Verschwörungsmythen und Russland-Propaganda. Nun wird es verboten.
Verbot des „Compact“-Magazins: Antifaschismus als Spektakel
Das Verbot des rechtsradikalen Kampfblatts „Compact“ ist in der Sache richtig. Doch die Inszenierung durch Innenministerin Faeser wirft Fragen auf.
Verbieten macht bei Nazis Sinn – denn das mögen sie gar nicht. Über die Inszenierung lässt sich diskutieren Foto: Sven Kaeuler/dpa
Als Jürgen Elsässer im Bademantel am Dienstagmorgen seine Haustür in Falkensee aufmacht, wird er nicht nur von vermummten Einsatzkräften der Polizei begrüßt – sondern auch von Pressevertreter*innen. Ein freier Fotograf hält den Moment fest. Die Welt, dpaund RBBsind schnell vor Ort. Um 06:29 erscheint ein Beitrag zum Verbot des rechtsextremen Compact-Magazins, dessen Chefredakteur Elsässer ist, bei Spiegel Online. Es folgen kurz danach eigene Beiträge mit Hintergründen auf tagesschau.de, in der FAZ – und auch auf der Webseite der taz.
Für Nancy Faesers (SPD) Bundesinnenministerium ist das ein großer PR-Erfolg: Die Bilder der Razzia gehen in den deutschen sozialen Medien prompt viral. Das Compact-Verbot war am Dienstag das Thema des Tages: Seit Jahren verbreitet das Magazin antisemitische Verschwörungsmythen, Russlandpropaganda und Hetze gegen Minderheiten. Es war das Sprachrohr des rechten Rands schlechthin.
Einige Medienhäuser hatten etwas dazu vorbereitet, denn der Schritt kam nicht als Überraschung: Sie wurden vorab informiert. Auch die taz. Und auch manch freier Fotograf. Ein offenes Geheimnis also. Wusste nur Elsässer nicht, dass sein rechtsextremes Kampfblatt hoch- und auseinandergenommen werden wird? Schwer zu glauben.
Nicht zum ersten Mal sucht Faeser eine mediale Bühne für Razzien oder Verbote. Auch als am frühen Morgen des 7. Dezembers 2022 der Reichsbürger Heinrich XIII. Prinz Reuß von Spezialkräften der Polizei abgeführt wurde, weil er einen Staatsstreich vor Weihnachten geplant haben soll, warteten Fotograf*innen und Fernsehteams vor seiner Tür. Die Razzia gegen die „Patriotische Union“, wie sich die Gruppierung nennt, war eine der größten aller Zeiten in Deutschland. Und als Faeser das Neonazi-Netzwerk „Hammerskins“ im September 2023 verbot, wussten nicht wenige Journalist*innen vorher Bescheid und lieferten gleich Bilder, Videos und Texte der Aktion mit.
Nicht jede Durchsuchung verläuft friedlich
Doch so wird Innenpolitik zur bloßen Inszenierung. Und die Praxis wirft einige Fragen auf. Erstens sind offene Geheimnisse keine. Und nicht jede Redaktion hat ein dezidiert kritisches Verhältnis zu Compact. Am Tag des Hammerskin-Verbots zum Beispiel schrieb ein Neonazi in seinem Telegramkanal: „Diese Woche könnt Faeser sich vielleicht noch mal feiern lassen. Warten wir ab“ – mit Zwinkersmiley (Fehler im Original). Eine Woche später wurde dann tatsächlich die neonazistische „Artgemeinschaft“ verboten. Eine große Überraschung war das also zumindest für manche in der Szene nicht. Das ist gefährlich: Denn nicht jede Durchsuchung in der rechtsextremen Szene verläuft friedlich.
Und zweitens: Der Kampf gegen Rechtsextremismus braucht keine Symbolpolitik, sondern – neben einer starken Zivilgesellschaft – konsequente Ermittlungen und rechtsstaatliche Härte. Doch genau das passiert viel zu selten: Die Hammerskins gab es in Deutschland seit den Neunzigern, Compact seit 2010. Seit Jahren warnen antifaschistische und zivilgesellschaftliche Organisationen vor beiden.
Stattdessen kursieren nun Bilder von Elsässer im Bademantel: Der Möchtegern-Oppositionelle, verfolgt in seiner Privatsphäre. Und diese Bilder stärken den rechtsaußen kultivierten Opfermythos: Dass nämlich gleichgeschaltete Systemmedien, die Lügenpresse eben, Hand in Hand arbeiteten mit dem linksgrünversifften Staat, gegen die armen Nazis. Rechtsextreme vom Identitären Martin Sellner bis zum Neonazi Tommy Frenck solidarisieren sich mit dem Compact-Chef auf Telegram. Aus Elsässer wird so ein Märtyrer der rechtsextremen Szene. Trotz der Wichtigkeit des Verbots: Das kommt ihm gelegen.
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Schwerpunkt Jürgen Elsässer
Kommentar von
Nicholas Potter
Redakteur
Nicholas Potter ist Redakteur bei tazzwei. Der britische Journalist schreibt über Medien und Gesellschaft, Neonazis und Nahost, Antisemitismus und Rassismus. Er ist Herausgeber des Buches "Judenhass Underground: Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen", 2023 im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen. Er studierte in London und Berlin.
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