Schlag gegen den verborgenen Hass

Innenministerin Faeser verbietet die Hammerskins. Rund 30 Jahre organisierten die Rechtsextremen Konzerte oder Kampfsport, einige hantierten auch mit Waffen

Jamel in Mecklenburg-Vorpommern am 19. September: Rechtsextremist Sven Krüger (Mitte) wird bei einer Durchsuchungsaktion auf seinem Grundstück von Po­li­zei­be­am­t*in­nen begleitet Foto: Jens Büttner/dpa

Von Konrad Litschko

Erst im Juli kamen einige Hammerskins in Eisenach zusammen. In der Thüringen-Zentrale von „Die Heimat“, einst NPD, trafen sie sich zum Rechtsrockkonzert, auf der Bühne stand ein niederländischer Balladensänger und Gesinnungskamerad. Einige Zuhörer trugen offen die Symbole ihrer Gruppe auf den Shirts: gekreuzte Zimmermannshämmer.

Nun soll mit solchem Treiben Schluss sein. Am Dienstag verbot Bundsinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Neonazi-Gruppe, samt ihrer Unterstützergruppe „Crew 38“. Die Polizei durchsuchte in zehn Bundesländern 28 Hammerskin-Mitglieder. Insgesamt rechnen die Behörden der Gruppe in Deutschland 130 Mitglieder zu und 13 Untergruppen, sogenannte Chapter. Von einem „harten Schlag gegen den organisierten Rechtsextremismus“ sprach Faeser. Man beende „das menschenverachtende Treiben einer international agierenden Neonazi-Vereinigung“. Tatsächlich konnten die Hammerskins bereits seit 30 Jahren in Deutschland Konzerte oder Kampfsportevents organisieren – und damit erhebliche Gelder in die Szene spülen.

So organisierte die Gruppe ein Großkonzert im Thüringer Themar mit oder baute das Szenekampfsportturnier „Kampf der Nibelungen“ mit auf, teils mit Eintrittspreisen von knapp 50 Euro. Bands aus dem Hammerskin-Spektrum trugen Namen wie Hetzjagd oder Frontalkraft, Fanzines Titel wie „Donnerschlag“ oder „Haß-Attacke“. „Brüder auf die Straße, Kampf dem System“, lautete eine Parole.

Bei all dem mieden die Hammerskins die Öffentlichkeit. Zuletzt tauchten sie nicht mal mehr in Verfassungsschutzberichten auf. Dabei versteht sich die Gruppe als Szeneelite: Wer mitmachen wollte, musste langjährige Probemitgliedschaften durchlaufen. Die Vernetzung läuft bis ins Ausland – die Gruppe ist ein Ableger der 1988 in den USA gegründeten „Hammerskin Nation“. Getroffen wurde sich regelmäßig zu Großkonzerten, den „Hammerfesten“. Laut Innenministerium nimmt die deutsche Sektion in Europa „eine herausragende Rolle“ ein.

Durchsucht wurden am Dienstag einige Szenegrößen, die bereits länger mit den Hammerskins in Verbindung gebracht wurden: Malte Redeker, zuletzt in Rheinland-Pfalz wohnhaft, der als „European Secretary“ europaweit Hammerskins vernetzt haben soll. Der Abrissunternehmer Sven Krüger aus dem Dorf Jamel in Mecklenburg-Vorpommern, wo sich fast ausschließlich Rechtsextreme angesiedelt haben. Oder der Thüringer Thomas Gerlach, der sich schon im Umfeld der NSU-Terrorgruppe bewegte.

Schon vor Jahren stand ein Verbot der Hammerskins im Raum – das aber nie umgesetzt wurde. Insgesamt 20 rechtsextreme Vereine verbot das Innenministerium bisher. Auch Faeser hatte mit ihrem Amtsantritt versprochen, rechtsextreme Netzwerke zu zerschlagen. Verbote in der rechtsextremen Szene verhängte sie aber bisher nicht. An dem der Hammerskins soll nun seit einem Jahr gearbeitet worden sein. Auch US-amerikanische und europäische Geheimdienste sollen Erkenntnisse eingespeist haben. Bei den Durchsuchungen stieß die Polizei nun auf zahlreiche Szenedevotionalien, darunter Hakenkreuzfahnen, und Waffen, etwa eine Panzersprenggranate. Bei Sven Krüger musste gar ein Munitionsbergungsdienst anrücken. In seinem Bundesland wurden zudem 13 Gefährderansprachen gegen weitere Hammerskins erteilt.

Nach taz-Informationen wird, neben Krüger, auch gegen drei weitere Hammerskins wegen Waffenverstößen ermittelt. Ein Betroffener ist der Betreiber eines Hammerskin-Clubhauses in Saarbrücken, der „Hate Bar“. Auch diese wurde am Dienstag durchsucht und beschlagnahmt – sowie zwei weitere Vereinsheime. Eingezogen wurde auch gefundenes Vermögen der Gruppe.

Unter den Durchsuchten sind bekannte Szenegrößen

Die Linken-Innenexpertin Martina Renner nannte das Verbot der Hammerskins „schon lange überfällig“. Das militante Neonazi-Netzwerk sei „extrem gut organisiert, hoch vernetzt und bewaffnet“. Auch der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz begrüßte das Verbot – forderte aber weitere Maßnahmen. „Es gibt zahlreiche Organisationen und Vereine in Deutschland, die offenkundig verfassungsfeindlich agieren und agitieren“, so von Notz zur taz. „Ich hoffe, dass das Innenministerium zukünftig beständig eine sehr viel konsequentere Linie fährt.“

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