Veganer entsetzt über Animal-Peace: „Wir freuen uns nicht“
Der Jubel über den tödlichen Angriff eines Bullen auf einen Bauer führt zu Turbulenzen in der Veggieszene. Auch Tierschützer distanzieren sich.
BERLIN taz | Ein Kommentar der Organisation Animal Peace zum Tod eines Bauern, der von einem Rind tödlich verletzt worden war, sorgt weiter für Furore. Immer mehr Tierschützer distanzieren sich von dem Text. Der Vorsitzende der Veganen Gesellschaft, Christian Vagedes, sagte, er sei „schockiert“.
Auch die Tierrechtsorganisation Peta kann sich dem Artikel nicht anschließen. Der Tod eines Menschen dürfe niemals verherrlicht und für die Rechte von Tieren genutzt werden, sagt Lisa Wittmann, Peta-Expertin für Tiere in der Ernährungsindustrie. „Der Veganismus steht für das Leben, nicht für den Tod“, fügte sie hinzu.
Die Tierschützer von Animal Peace hatten unter anderem auf ihrer Internetseite viva-vegan.info offen ihre Freude über den Angriff des Rindes geäußert. Dort hieß es: „Wir verneigen uns vor dem Held der Freiheit. Mögen ihm viele weitere Rinder in den Aufstand der Geknechteten folgen.“
Auch nach starker Kritik verteidigte Silke Ruthenberg, die Verantwortliche für den Animal-Peace-Internetauftritt, den Artikel online. Er habe mehrere Strafanzeigen und Entrüstung provoziert – bis hin zu „Morddrohungen“, hieß es auf der Website.
Die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hatte bereits am Montag mitgeteilt, sie habe Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Kommentars erstattet. Ruthenberg erklärte dagegen, Animal Peace habe „mit keinem einzigen Wort den getöteten Bauern verhöhnt“.
Auch die Kritik des konventionell ausgerichteten Bauernverbands, der Animal Peace „Menschenverachtung“ vorwirft, wies sie zurück: Der Verband benutze die trauernde Familie für seine Interessen und versuche, Animal Peace „rufmörderisch etwas unterzuschieben“.
„Wir dürfen doch nicht klatschen“
Doch Animal Peace entsetzt auch Veganer: Verbandschef Vagedes gab an, er schäme sich, dass der tragische Tod des Bauern instrumentalisiert werde: „Wir dürfen doch nicht klatschen, wenn ein Mensch ums Leben kommt.“
Ähnlich sieht es der Vegetarierbund Deutschland: Der Kommentar zum Unfall müsse als Meinungsäußerung akzeptiert werden. Es gebe in Bezug auf den Jubelartikel aber keine Schnittmengen zwischen ihnen und Animal Peace, erklärte Sprecherin Stephanie Stragies: „Wir sind auch Veganer, wir freuen uns nicht über den Tod des Bauern.“
Der freie Tierrechtsaktivist Daniel Schneider drückte es harscher aus: Die Tierliebe von Animal Peace sei „zur Menschenfeindlichkeit mutiert“. Die Gruppe vertrete nicht die Ansichten der Szene. Tierrechtler sein heiße nicht, automatisch alle Menschen zu hassen, die sich an der industriellen oder ökologischen Tierhaltung beteiligen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg