Vegane Albert Schweitzer Stiftung: Tierrechtler haben Bauern satt
Die einzige vegane Organisation im Trägerkreis der „Wir haben es satt“-Demo verlässt das Bündnis. Sie wollte mehr Einsatz gegen Fleisch.
Grund für den Ausstieg sind denn auch Differenzen über die Frage, wie wichtig es ist, den Konsum von tierischen Lebensmitteln zu reduzieren. „Das Thema Fleischreduktion möchten wir gern als eine der Kernforderungen sehen“, beispielsweise im Aufruf zur Demonstration, so Stiftungschef Klosterhalfen. Im Moment gehe es bei „Wir haben es satt“ aber sehr stark um gerechte Milch- und Fleischpreise für Landwirte. Viele Bauern im Bündnis hätten Probleme damit, Fleischreduktion stärker zu betonen, weil sie auch davon lebten, tierische Produkte zu erzeugen.
Die Stiftung beharrte Klosterhalfen zufolge nur darauf, die Forderung stärker zu betonen, den Verzehr von Fleisch zu senken. Es sei nicht darum gegangen, völlig auf Fleisch zu verzichten. Die Stiftung setzt sich zwar langfristig etwa aus ethischen Gründen dafür ein, dass möglichst viele Menschen sich vegan ernähren, also kaum noch Tiere gehalten werden. Kurzfristig kämpft sie aber auch für eine weniger qualvolle Züchtung, Haltung und Tötung von Tieren. Sie wird nach eigenen Angaben von 20.000 Spendern getragen, von denen sich etwa die Hälfte vegan ernähren.
Sollte das Bündnis stärker auf die Forderungen der Tierrechtler eingehen, könnte die Stiftung ihre Position ändern. „Wenn sich die Gelegenheit ergibt, dass das Thema Fleischreduktion in Zukunft eine größere Rolle spielt, dann machen wir wieder aktiv mit“, sagte Klosterhalfen.
„Wir wollen die Qualitätsoffensive“
Jochen Fritz, Demo-Organisator und Leiter der Kampagne „Meine Landwirtschaft“, zeigte sich offen für weitere Gespräche mit den Tierrechtlern: „Ich würde das als Auftrag nehmen, das noch einmal intensiver mit ihnen zu diskutieren.“ Fritz bedauerte den Austritt der Stiftung ausdrücklich.
„Natürlich haben wir auch die Forderung nach Reduktion des Fleischkonsums im Programm“, ergänzte der Aktivist. Tatsächlich findet sich dieses Thema auch in einem vergangene Woche veröffentlichten Positionspapier der Bewegung. Aber mehr Platz räumt sie Forderungen ein, die Tierhaltung zu verbessern. „Das ist eine Prioritätenfrage. Wir wollen die Qualitätsoffensive, und die impliziert auch, dass der Fleischkonsum runtergeht“, argumentiert Fritz. Er würde nichts bringen, wenn die Deutschen weniger Fleisch kauften, aber hierzulande trotzdem für den Export mehr erzeugt wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin