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Vanity Fair über Klaus-Michael KühneHistorisch auf Durchzug

Kommentar von Daniel Wiese

Das US-Magazin schildert für das internationale Publikum, wie der reichste Deutsche die Nazi-Vergangenheit seines Firmenimperiums verdrängt.

Manche Gutachten sind einfach nicht zu finden: Klaus-Michael Kühne auf der Suche Foto: Axel Heimken/dpa

J etzt hat der irgendwie ja auch Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne (87) sich gerade wieder als Wohltäter feiern lassen, ist über den roten Teppich zur Fischauktionshalle geschritten und hat den Gründerpreis 2024 entgegengenommen, von einem, so zeigen es die Fotos, lachenden Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), und dann passiert so was: Eine riesige Geschichte in Vanity Fair, dem in New York erscheinenden US-Magazin, beschäftigt sich mit der Herkunft des Familienvermögens.

Detailliert zeichnet das Magazin nach, wie Vater und Onkel Kühne in der Nazizeit den jüdischen Miteigentümer Adolf Maas (der später in Auschwitz starb) aus ihrem Speditionsunternehmen drängten, sich eine jüdische Transportfirma aus Tschechien einverleibten und ihr Unternehmen zu einem Nazi-Vorzeigebetrieb machten, um später sehr viel Geld mit dem Transport geraubten jüdischen Eigentums nach Deutschland zu verdienen.

Das meiste davon hat die deutsche Presse, allen voran die taz, berichtet, aber das für das große internationale und vor allem amerikanische Publikum ist die Geschichte neu. Klaus-Michael Kühne, der das Familienunternehmen über die vielen Jahre zu einem internationalen Logistikkonzern ausgebaut hat, der Anteile an Hapag-Lloyd und Lufthansa ebenso besitzt wie an der US-amerikanischen Greyhound-Buslinie, dürfte das nicht gefallen: Er, mit 44,5, Milliarden Dollar der reichste Mann Deutschlands, hat seine Geschäfte auf Nazivermögen aufgebaut.

Vor allem aber: Er will davon nichts wissen. Tatsächlich neu ist, dass Kühne die bis dahin verschlossenen Firmenarchive für das unabhängige Handelsblatt Research Institute geöffnet hat, die 150 Seiten starke Studie, die sich offenbar kritisch mit der Nazivergangenheit seines Vaters auseinandersetzt, aber seither unter Verschluss hält. Sein Vater sei kein Nazi gewesen, soll er die Absage telefonisch begründet haben, berichtet Vanity Fair.

Wohnen in der Schweiz

Innerhalb der deutschen High Society sei Kühne sowieso eher ein Außenseiter, so schreibt das Magazin. Er wohnt ja auch in der Schweiz, wo er ein Chalet besitzen soll. Der Firmensitz ist auch dort, wegen der Steuern. Ansonsten seien seine Aufenthaltsorte seine Yacht und eine Villa auf Mallorca.

Trotzdem aber fühlt sich Kühne als Hamburger und lässt sich in der Stadt gern für sein Mäzenatentum feiern: 70 Millionen für eine nach ihm benannte private Hochschule, 100 Millionen für den HSV (für die er sich beim Fußballverein eingekauft hat). Er hat geholfen, die angeschlagene Reederei Hapag-Lloyd vor einer chinesischen Übernahme zu bewahren (und profitiert nun von ihren guten Zahlen), er will der Stadt eine neue Oper spendieren (und die alte, denkmalgeschützte dafür abreißen).

Den Hamburger Gründerpreis bekam Kühne übrigens für sein „Lebenswerk“. Er habe sein Unternehmen „mit größtem persönlichen Einsatz auch durch sehr schwere Zeiten und Krisen geführt“, sagte der Bürgermeister laut Abendblatt in seiner Lobesrede.

Allein 2023, auch das schreibt Vanity Fair, verdiente Klaus-Michael Kühne 4,5 Milliarden Euro. Da kann man dann auch mal ein paar Millionen springen lassen.

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Hamburg-Redakteur
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1 Kommentar

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  • David de Young weist auf X darauf hin, dass mit dem Herbert Quandt Preis ein Medienpreis vergeben wird, der den Namen eines ehemaligen NS-Kriegsverbrechers trägt.

    Die Quandt-Familie (BMW-Erben) profitierte wie die Kühne-Familie von Aufträgen der Nazis. Kühnes Firma rückte mit ihrer Logistik in die Nähe des Holocaust.

    Hier u. a. Bilder der von Kühne ausgebooteten jüdischen Familie Maass aus der Blumenstraße 37 in Hamburg:

    www.zellentrakt.de...amilie_Elsbach.pdf

    www.johanna-quandt...ng.de/medien-preis

    Young schrieb das Buch "Nazi Billionaires: The Dark History of Germany’s Wealthiest Dynasties"



    "Braunes Erbe: Die dunkle Geschichte der reichsten deutschen Unternehmerdynastien"

    daviddejong.net/

    Mittlerweile titelt eine Schweizer Zeitung: "Reichster Eiwnohner der Schweiz vertuscht Nazigeschichte seines Konzerns".

    Zeit, dass Klaus-Michael Kühne ein großes Museum in Hamburg und Bremen baut, dass sich kritisch damit auseinandersetzt, wie Wirtschaftsdynastien (Familien) zu Mitläufern der Nazis, bzw. sogar zu NS-Tätern wurden. Im Mittelpunkt des Museums sollten deren jüdische Opfer stehen.