Ute Bock ist gestorben: Galionsfigur der Flüchtlingshilfe
Sie unterstützte Asylsuchende seit den 1990er-Jahren. Aus ihrer Privatinitiative wurde die bedeutendste Flüchtlingsorganisation Österreichs.
Die Oberösterreicherin leitete ein Gesellenwohnheim in Wien, als 1995 die ersten Afrikaner an ihre Tür klopften. Es waren unbegleitete Flüchtlinge, die in Jugendheimen unterzubringen waren, wie es das Gesetz vorschrieb. Der Staat versprach, sich um die gestrandeten Jugendlichen zu kümmern und ihnen auch eine Ausbildung angedeihen zu lassen. „Dann hat man gesehen, es sind sehr viele“, sagt Ute Bock später im Interview mit der taz. Die Reaktion der Behörden: Man versuchte, die unwillkommenen Gäste wieder loszuwerden.
Schon in den 1960er Jahren hatte sie als junge Erzieherin in einem Sonderschulkinderheim Einsatz für Menschenrechte bewiesen: „Viele Erzieher dort waren alte SS-ler, die die Kinder geprügelt haben.“ Ihr war klar, dass schwierige Kinder Liebe und Verständnis statt Zucht und Strafe brauchen.
Die Öffentlichkeit wurde erstmals auf sie aufmerksam, als die Polizei 1999 bei einer Razzia ihr Heim stürmte und rund 30 Afrikaner unter Verdacht auf Drogenhandel festnahm. Daraufhin wurde ihr verboten, weiterhin afrikanische Asylbewerber aufzunehmen. Also kratzte sie ihr Geld zusammen und bemühte sich, so viele wie möglich privat unterzubringen.
Mit Auszeichnungen überhäuft
Nach ihrer Pensionierung 2002 widmete sie sich mit all ihren Kräften der Versorgung von Asylsuchenden. Aus dieser privaten Initiative wurde bald die bedeutendste Flüchtlingsorganisation des Landes. Vor zehn Jahren rettete der Bauindustrielle Hans Peter Haselsteiner den Verein vor dem finanziellen Kollaps.
Inzwischen wurde Ute Bock mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft, darunter das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich. Für die Rechte aber blieb sie ein Feindbild. Auch FPÖ-Funktionäre überzogen sie immer wieder mit Hass-Postings.
Seit einem Schlaganfall vor vier Jahren war die Leitfigur der ehrenamtlichen Hilfe aus der Öffentlichkeit weitgehend verschwunden. Der Verein Ute Bock funktioniert inzwischen auch ohne sie. Ersetzen aber kann die resolute Frau niemand. Am 2. Februar wollen ihre Anhänger ihr mit einem Lichtermeer auf dem Wiener Heldenplatz gedenken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt