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Urteil zur Entführung Khaled el MasrisMazedonien muss zahlen

Wegen der Entführung Khaled El Masris wurde Mazedonien vom Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt. Masri soll 60.000 Euro Schmerzensgeld erhalten.

Soll Schmerzensgeld von Mazedonien bekommen: Khaled el Masri. Bild: reuters

FREIBURG taz | Mazedonien muss dem deutschen CIA-Entführungsopfer Khaled El Masri 60 000 Euro Entschädigung zahlen. Das entschied am Donnerstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Damit wurde erstmals ein europäischer Staat wegen Teilnahme am US-Entführungsprogramm verurteilt.

Der gebürtige Libanese Khaled El Masri war 1985 als Asylbewerber nach Deutschland gekommen, seit 1994 hatte er die deutsche Staatsbürgerschaft und lebte in Neu-Ulm. Ende 2003 reiste er per Bus nach Mazedonien, um dort einen billigen Urlaub zu verbringen. Dort wurde er jedoch von mazedonischen Geheimdienstlern verhaftet, 23 Tage lang verhört und am Ende dem US-Geheimdienst CIA übergeben. Die CIA flog ihn nach Afghanistan, wo El Masri weitere Monate verhört und misshandelt wurde.

Als die US-Amerikaner einsahen, dass El Masri ungefährlich war, brachten sie ihn Mitte 2004 nach Europa zurück und setzten ihn in Albanien aus. Bis heute ist offen, ob El Masri Opfer einer Namensverwechslung war oder aufgrund seiner Kontakte zum islamistischen Multikulturhaus in Neu-Ulm verdächtig schien. Eine Klage El Masris gegen die US-Regierung wurde 2007 in den USA nicht zugelassen. Begründet wurde dies mit dem Schutz von Staatsgeheimnissen.

Jetzt wurde Mazedonien für seinen Anteil an dem ungeheuerlichen Vorgang verurteilt. Der Gerichtshof für Menschenrechte wertete es als Verletzung von El Masris Freiheitsrechten, dass er in Mazedoniens Hauptstadt Skopje 23 Tage lang gegen seinen Willen in einem Hotel festgehalten wurde. Weder habe es einen Haftbefehl gegeben noch sei das Hotel ein regulärer Haftort gewesen. Zwar wurde in dem Hotel keine Gewalt angewandt, allerdings drohten die mazedonischen Beamten El Masri zu erschießen, wenn er das Hotel verlasse. Dies wurde vom Gerichtshof als „unmenschliche Behandlung“ gewertet.

Vergewaltigung durch CIA-Beamte

Zugerechnet wurde Mazedonien auch die Behandlung El Masris nach der Übergabe an CIA-Agenten. Diese schlugen ihn erst einmal zusammen und vergewaltigten ihn anal mit einem Gegenstand. Da mazedonische Beamte anwesend waren und der Vorfall auf mazedonischem Gebiet stattfand, wurde der Balkanstaat nun auch wegen „Folter“ verurteilt. Sogar die Behandlung El Masris durch die CIA in Afghanistan musste sich Mazedonien zurechnen lassen.

El Masri sei bewusst der Gefahr unmenschlicher Behandlung durch die CIA ausgesetzt worden, betonten die Straßburger Richter. Schon damals sei die sogenannte „Rendition“-Praxis der USA bekannt gewesen, Terrorverdächtige in Länder zu entführen, wo sie ohne rechtsstaatliche Grenzen verhört werden können. Dass El Masri nach Afghanistan gebracht werden sollte, sei aus den vorliegenden Flugpapieren ersichtlich gewesen.

Auch eine mangelhafte nachträgliche Untersuchung des Vorgangs warf der Gerichtshof dem mazedonischen Staat vor. Mazedonien hatte bestritten, El Masri an die CIA übergeben zu haben. Vielmehr sei er freiwillig in den Kosovo weitergereist. Der Gerichtshof für Menschenrechte erklärte nun aber - wie zuvor schon zahlreiche internationale Gremien - die Darstellung El Masris für glaubwürdig.

Die Entscheidung des Gerichtshofs fiel einstimmig. Rechtsmittel sind keine mehr möglich, da der Fall gleich von der Großen Kammer des Gerichtshofs mit 17 Richtern entschieden wurde.

El Masri sitzt derzeit in Deutschland in Haft. Nach der Entführung hatte der traumatisierte Mann nicht mehr Fuß fassen können und fiel immer wieder durch Körperverletzungsdelikte auf.

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9 Kommentare

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  • E
    Europäer

    Wenn ich sowas lese, bin ich mal stolz auf Europa: Ist Scheisse passiert, aber es gibt wenigstens eine Institution, die das hochoffiziell feststellt.

     

    @swr: Es ist eigentlich völlig wurscht, ob el Masri unschulig ist/war oder nicht - das steht auf einem anderen Blatt und über eine evtl. Schuldigkeit wäre durch ein ordentliches Gericht zu entscheiden. Fakt ist: Was ihm widerfahren ist, dar in einem Rechtsstaat und durch einen Rechtsstaat nicht passieren.

  • T
    Thomas

    @Michael Klein

    Tatsachen können von der KP Chinas oder dem Papst genannt werden, es bleiben Tatsachen. Die ARD prüft diese schon aus rechtlichen Gründen sehr genau. Wenn ihr einziges Argument ist, daß in der ARD "Das "Report" ein durch und durch rechtskonervatives POlitmagazin ist", dann zeugt das nicht von "eigenständige Denken". Es zeigt eher, daß @mistel mit "Manchen Leuten darf man nicht mit Realität kommen wenn die Theorie darunter leidet" wohl leider recht hat. Die taz hätte auf diese Dinge zu El Masris ruhig hinweisen können, ohne dabei seine Behandlung irgendwie zu rechtfertigen. Niemand darf gefoltert werden. Zum Unschuldlamm wird dadurch El Masri trotzdem nicht und so kommt er zu oft rüber, weil eben manches nicht genannt wird. Villeicht hat die taz Angst vor Lesern wie ihnen bei denen sie dann auch "rechtskonservatives" Blatt genannt würde wenn die Theorie gestört wird.

  • MK
    Michael Klein

    Das "Report" ein durch und durch rechtskonervatives POlitmagazin ist, sollte jedem bekannt sein, der das eigenständige Denken nicht längst schon auf den Müll geworfen hat @Miestel' Sie gehören mit Sicherheit nicht dazu!

  • M
    @Mistel

    Welches Argument es denn sein soll, daß man über Masri seit 2006 bescheid weiß erschließt sich nur jemandem, der weiß es kann nicht sein was nicht sein darf. Ansonsten einfach mal nochmal lesen. Manchen Leuten darf man nicht mit Realität kommen wenn die Theorie darunter leidet.

  • M
    Mistel

    @swr-report: Der von Dir zitierte Beitrag stammt erstens erstens aus dem Jahr 2006. Zweitens ist er ein sehr trauriges und beschämendes Gegenteil einer ernsthaften Recherche. Aus Aussagen u.a. eines Taxifahrers und eines benachbarten Ehepaares wird ein Gemisch von Verdächtigungen aufgetischt, das begründen soll, warum Kaled el Masri "nicht zufällig" ins Fadenkreuz des CIA geraten sei. Tenor: Wir wollen natürlich seine brutale Verschleppung und jahrelange Folter nicht rechtfertigen, aber ganz zu Unrecht kann es nicht gewesen sein... Man müsse "die andere Seite der Wahrheit" doch sagen dürfen...

  • K
    Krankenschwester

    Eine später Teil einer Genugtuung für El-Masri.

    Seine Familie hat sicherlich mit ihm sehr gelitten.

    Ihm wurde unsägliches Unrecht zugefügt und unsere Regierung hat dabei mitgemacht, siehe:

    http://www.taz.de/Deutsches-Geheimdienstopfer/!65023/

     

    Er muss traumapsychologisch behandelt werden!

  • S
    sHR00m

    paywall, sonst passt aber noch alles, ja? seid ihr noch nicht nische genug?

  • H
    http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=1571986/1l4bao9/index.html

    Billigurlaub in Mazedonien? Damals einer der Transitwege und Treffpunkt im "heiligen Krieg"? Als Libanese?

     

    Etwas Recherche würde ich unter "Politik" in der taz schon erwarten. Da war die ARD aber besser. Ihr solltet das wenigstens nachträglich verbessern. Oder will man in der taz lieber nicht mehr vom "Multi-Kulturen-Haus" dem ehemals linksalternativ-multikulturellem Vorzeigeprojekt reden? Da sind einfache Antworten die ins Schema passen wohl angenehmer. Offensichtlich kein Einzelfall in der deutschen Zeitungslandschaft. Ist ja bald Wahlkampf. Kein Wunder wenn den Zeitungen Leser weglaufen. Ich nehme langsam die taz bei bestimmten Themenkomplexen nicht mehr ernst.

    Hier der ARD-Beitrag, so sieht Journalismus aus:

    http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=1571986/1l4bao9/index.html

  • F
    Fawkrin

    So, so. CIA-Agenten schlagen Gefangene und vergewaltigen sie anal mit Gegenständen. Das entspricht dem Niveau nationalsozialistischer Konzentrationslager.

    Wie tief werden die USA noch sinken?

    Ja und Staatsgeheimnisse gehen dort über Menschenrechte?

    Erschreckend.