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Urteil zur A26 OstVerschnaufpause für den Moorfrosch

Die Pläne für die A26 Ost sind rechtswidrig und nicht vollziehbar, urteilt das Bundesverwaltungsgericht. Der Klimaschutz wurde zu wenig beachtet.

Seinen Schutz haben die Umweltverbände vergeblich ins Feld geführt: Moorfrosch, hier ein mit Blau imponierendes Männchen Foto: Jens Büttner/dpa

Hamburg taz | Die Arbeit an der A26 Ost muss vorerst eingestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat den Planfeststellungsbeschluss für die Autobahn durch Hamburgs Süden für „rechtswidrig und nicht vollziehbar“ erklärt – den Beschluss aber nicht aufgehoben. Das heißt: Die Hamburger Wirtschaftsbehörde und die im Auftrag des Bundes tätige Planungsgesellschaft Deges können nachbessern.

Die Umweltverbände Nabu und BUND, die die Klage angestrengt hatten, sprachen von einem „Erfolg für Klima und Rechtsstaatlichkeit“. Die Feststellung des Gerichts, dass Klimafolgen nicht ausreichend berücksichtigt wurden, sei ein Novum für die deutsche Rechtsprechung. „Das Urteil zeigt, warum das Verbandsklagerecht so wichtig ist“, sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Bei seiner Urteilsverkündung wies das Gericht darauf hin, dass die Planer gegen das Bundes-Klimaschutzgesetz verstoßen hätten. Demnach hätten sie verschiedene Trassenvarianten mit Blick auf ihre Folgen für die gesetzlichen Klimaziele untersuchen müssen. Stattdessen hatten die Planer behauptet, die gewählte Trasse habe ja bereits einen positiven Effekt für das Klima. Es sei unwahrscheinlich, dass eine alternative Trasse den Ausstoß von Treibhausgasen noch weiter verringern werde.

Das Gericht sieht das anders. Mit Blick auf die Ziele des Klimaschutzgesetzes hätten die Planer die Varianten zumindest grob gegeneinander abwägen müssen. „Die Bilanz anderer Varianten könnte noch positiver sein“, argumentiert das Gericht.

Autobahn ist noch nicht vom Tisch

Darüber hinaus könne es für den Klimaschutz relevant sein, dass für die gewählte Variante Süd1 rund 18,5 Hektar „hochwertige Böden (überwiegend Niedermoorböden)“ ausgekoffert werden müssten. Moorböden speichern CO2. Werden sie abgebaut, droht das Klimagas freigesetzt zu werden. Die Planer hatten sich deshalb überlegt, die ausgehobenen Böden in neu geschaffenen Senken mit hohem Wasserstand zu deponieren, um sie so zu erhalten. Umweltschützer bezweifelten, dass das funktioniert.

Unterm Strich hält es das Gericht „nicht für völlig ausgeschlossen“, dass bei Berücksichtigung des Klimaschutzes „die von den Klägern favorisierte Variante Süd2 gewählt worden wäre, da sie keine Niedermoorböden in Anspruch nimmt, artenschutzrechtlich konfliktärmer, kürzer und damit kostengünstiger ist“.

Ein weiterer Fehler liege darin, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht genau genug bestimme, inwiefern in Gewässer eingegriffen werden dürfe. Einwände wie der, geschützte Lebensräume und Arten würden gefährdet oder die Autobahn sei unnötig, ließ das Gericht aber nicht gelten.

Der rot-grüne Senat betonte, dass die Autobahn mit dem Urteil nicht vom Tisch sei. Es müssten bloß nachträglich weitere Trassen geprüft werden. Dem Gericht zufolge ist das in einem ergänzenden Verfahren möglich. Das werde in Angriff genommen, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliege, kündigte der Senat an.

Hamburger CDU sorgt sich um Wirtschaftsstandort

Während die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft von einem guten Tag für die Umwelt und die Menschen des benachbarten Dorfes Moorburg sprach, warf die CDU dem Senat vor, er habe gepatzt. „Das ist ein erneuter Rückschritt für das Ewigkeitsprojekt A26 Ost und bitter für den Wirtschaftsstandort Hamburg sowie die Entlastungen beim Verkehr in der Innenstadt und in Hamburgs Süden“, sagte Fraktionschef Dennis Thering.

Begründet wird die A26 Ost damit, dass sie die Erreichbarkeit des Hamburger Hafens verbessern und die Bewohner des Stadtteils Wilhelmsburg vom LKW-Verkehr entlasten würde. Die A26 Ost wäre die Verlängerung der in Bau befindlichen Autobahn von Stade. Sie würde die Autobahnen 7 und 1 miteinander verbinden und so eine südliche Umfahrung Hamburgs schaffen.

Kritiker wie Anwohner und die Umweltverbände monieren, dass bei dem Projekt Unmengen von Beton und Stahl verbaut würden. Von der A7 aus würde sich die Autobahn auf Stelzen zu einer 57 Meter hohen Brücke über der Süderelbe aufschwingen, um im weiteren Verlauf in einem Trog und Tunnel den Stadtteil Wilhelmsburg zu durchqueren. Ob sich dieser Aufwand unter dem Gesichtspunkt Kosten-Nutzen lohnt? Eine Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums stellt das zumindest infrage.

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