Urteil zum Kachelmann-Prozess: Foto trotz Karohemd
Wo beginnt die Privatsphäre, wenn der Prozess ein zeitgeschichtliches Ereignis ist? Karlsruhe gibt „Bild“ gegen Kachelmann recht.
Die Bild-Zeitung durfte ein Foto von Wettermoderator Jörg Kachelmann verbreiten, das ihn vor der Kanzlei seiner Strafverteidigerin zeigt. Das Bundesverfassungsgericht gab jetzt einer Klage des Springer Verlags statt.
Jörg Kachelmann war 2010 von seiner damaligen Freundin wegen Vergewaltigung angezeigt worden. Das Landgericht Mannheim sprach ihn später aus Mangel an Beweisen frei. 2016 stellte dann das Oberlandesgericht Frankfurt am Main fest, dass die Anschuldigungen falsch waren. Während des Mannheimer Verfahrens gab es eine umfangreiche Presseberichterstattung. Kachelmann wehrte sich mit Klagen gegen die Ausbreitung von Details, aber auch gegen Fotos, die er zu privat fand.
Im konkreten Rechtsstreit ging es um zwei Fotos von Kachelmann, die ihn im Umfeld der Kanzlei seiner damaligen Verteidigerin zeigen. Beim ersten stand Kachelmann vor der Kanzlei auf dem Gehweg. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschied im Dezember 2013, dass der Gang zu seiner Verteidigerin noch dem äußeren Bereich seiner Privatsphäre zuzurechnen sei. Sein Karohemd signalisiere, dass er sich noch als private Person sehe.
Das sah eine dreiköpfige Kammer des Bundesverfassungsgerichts nun anders. Das OLG habe die „Tragweite der Pressefreiheit nicht hinreichend beachtet“. Kachelmann sei im „öffentlichen Verkehrsraum“ fotografiert worden. Das sei keine „durch räumliche Privatheit geprägte Situation“ gewesen. Kachelmann habe als prominenter Angeklagter in einem Prozess, der ein „zeitgeschichtliches Ereignis“ war, an dieser Stelle mit Fotografen rechnen müssen.
Anders entschied Karlsruhe in einem zweiten Verfahren. Darin ging es um ein Bild von Kachelmann im Innenhof der Kanzlei. Diese Situation sei durch „räumliche Privatheit“ geprägt gewesen, da der Hof vom öffentlichen Straßenraum nur „eingeschränkt einsehbar“ war. Dieses Foto sei zu Recht beanstandet worden.
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