Urteil zu Schottergarten-Verbot: Drei Pflanzen ändern nichts
Einige Pflanzen im Schottergarten reichen nicht, um das Schottergarten-Verbot in Niedersachsen zu umgehen. Zu diesem Urteil kam das OVG in Lüneburg.
Sie hatten in ihrem Vorgarten in Diepholz Kiesbeete mit einer Größe von insgesamt 50 Quadratmetern angelegt. Dagegen erließ die Stadt Diepholz eine baurechtliche Verfügung. „Schottergärten waren in Niedersachsen bereits vor dem Beschluss nicht zulässig“, erklärt ein Sprecher des OVG. Die Bauaufsichtsbehörden können daher gegen bereits bestehende Schottergärten vorgehen.
Die Grundstückseigentümer hatten vor Gericht argumentiert, ihr Garten sei unter Berücksichtigung der hinter dem Wohnhaus befindlichen Rasenflächen und Anpflanzungen insgesamt ein ökologisch wertvoller Lebensraum. Bei den Beeten handele es sich aufgrund der Anzahl der eingesetzten Pflanzen um Grünflächen.
„Damit ist ein weiterer Schritt getan, um Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schützen“, sagt der Vorsitzende des Nabu in Niedersachsen, Holger Buschmann. Er warnt angesichts des Insekten- und Vogelsterbens vor den „verheerenden Auswirkungen“ von Schotterbeeten: „Sie führen immer zu einer Versiegelung der Böden und damit einhergehend zwangsläufig zu einem Verlust von Biodiversität.“
Der Nabu freut sich über das Urteil
Regen könne nicht versickern und fließe stattdessen unkontrolliert ab. Wildkräuter und heimische Pflanzen hätten kaum noch eine Chance zu gedeihen. Dadurch fänden Insekten keine Nahrung, was wiederum zu Hunger bei Vögeln und Fledermäusen führe.
Laut niedersächsischer Bauordnung sind Schottergärten bereits seit 2012 untersagt. Sie seien lebensfeindlich, und – anders als oft angenommen – auch nicht pflegeleichter als naturnahe Gärten, sagt Buschmann. Die Steine müssten regelmäßig gereinigt werden, wofür schädliche Chemikalien oder viel Wasser verbraucht werden. Alternativen könnten eine artenreiche Wiese und ein Teich sein, sagte Buschmann. Auch Steingärten schafften mehr Naturnähe und fördern die Artenvielfalt.
Der Eigentümerverband „Haus und Grund“ in Niedersachsen kritisiert hingegen das Urteil. Dem NDR sagte der Verbandsvorsitzende Reinold Horst, das Urteil sei unverhältnismäßig und ein starker Eingriff in die Eigentumsrechte. Es sei jedoch ein Einzelfall und kein allgemeingültiges Verbot für Schottergärten. „Grundstückseigentümer werden sich zukünftig dennoch vermehrt streitigen Auseinandersetzungen stellen müssen“.
Landschaftsplaner Olaf von Drachenfels aus Barsinghausen findet es „sehr erfreulich“, dass das Urteil die rechtliche Grundlage dafür bestätigt, gegen Schottergärten vorzugehen. Er kenne bisher nur einen Fall in Barsinghausen, in dem die Nabu-Ortsgruppe einen Schottergärtner vom freiwilligen Rückbau überzeugt hat. „Wir arbeiten am Umweltbewusstsein, aber das alleine reicht nicht.“
Argumente überzeugen selten
Diejenigen, die solche Gärten wegen des ordentlichen Aussehens oder vermeintlich weniger Aufwand anlegten, erreiche man mit Argumenten überwiegend nicht, sagt von Drachenfels. „Auch ein Bußgeld schreckt die Leute vermutlich nicht ab – ein Rückbau und die damit verbundenen Kosten hingegen sehr wohl.“ Denn die liegen leicht im vierstelligen Bereich.
Robuster geht etwa die Landeshauptstadt Hannover gegen Schottergärten vor. „Die Stadt hat letztes Jahr ein Konzept erstellt, wie sie Schottergärten kontrolliert, die Eigentümer*innen informiert und gegebenenfalls per Ordnungsverfügung ahndet“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Für die Kontrollgänge sind seit dem 4. Oktober zwei Mitarbeiter beschäftigt – ein Außendienst-Kontrolleur und eine Verwaltungskraft.
Die zwei Angestellten beschäftigen sich ausschließlich mit Schottergärten. Konkrete Zahlen nannte die Stadt nicht. Von den mehr als 200.000 Grundstücken sei der erste Stadtteil weitgehend kontrolliert worden. Dabei seien einige Schottergärten entdeckt worden.
In diesen Fällen, erklärt die Sprecherin, sprächen die Mitarbeiter*innen mit den Hauseigentümer*innen, erklärten die rechtliche Lage, erörterten Alternativen. Wenn die Eigentümer*innen nicht freiwillig zurückbauen, schreibt die Stadt die Verantwortlichen an. Wenn das nicht hilft, kommt am Ende eine Ordnungsverfügung, die mit Zwangsgeld durchgesetzt werden kann.
(mit Material von epd)
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