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Urteil wegen VerleumdungFrau Faeser und die Fotomontagen

Der AfD-nahe Journalist Daniel Bendels verbreitete ein gefaktes Meme mit der Innenministerin und wurde zu sieben Monaten Bewährungsstrafe verurteilt.

Wurde mit einer Foto-Montage verleumdet: Nancy Faeser (SPD) Foto: Sebastian Gollnow/dpa

BERLIN taz Das Amtsgericht Bamberg hat Daniel Bendels, Chefredakteur der sehr AfD-nahen Online-Plattform Deutschland-Kurier, zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Bendels habe Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit einer Foto-Montage verleumdet.

Kurz vor dem Holocaust-Gedenktag im Januar 2024 veröffentlichte das Innenministerium ein Foto mit Ministerin Nancy Faeser. Sie hält dabei ein Schild in die Kamera, auf dem „We remember“ steht. Einen Monat später veröffentlichte Bendels das Foto auf der X-Seite des Deutschland-Kuriers. Allerdings steht auf dem Schild nun etwas ganz anderes: „Ich hasse die Meinungsfreiheit“. Das Meme wurde damals über 13.000 Mal aufgerufen.

Anfang Mai 2024 wurde Ministerin Faeser von der Kriminalpolizei über die Foto-Montage informiert. Ende des Monats stellte Faeser einen Strafantrag. Zudem bejahte die Staatsanwaltschaft Bamberg, in deren Bezirk Bendels wohnt, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung, sodass es auf den Strafantrag nicht angekommen wäre.

Im November 2024 erließ eine Richterin des Amtsgerichts Bamberg einen Strafbefehl wegen Verleumdung einer Person des politischen Lebens nach Paragraf 188 Strafgesetzbuch. Bendels habe „bewusst unwahr“ versucht, den Eindruck zu erwecken, es gebe ein derartiges Foto. Damit habe er die Ministerin diffamiert. Die Amtsrichterin verhängte allerdings nur eine Geldstrafe in Höhe von 10.500 Euro (das waren 210 Tagessätze à 50 Euro). Bendels hätte aber bereits damit als vorbestraft gegolten.

Richter hält Meme für Verleumdung

Auf den EinspruchBendels verhandelte ein anderer Richter an diesem Montag über den Vorwurf. Auch er hielt das Meme für eine strafbare Politiker-Verleumdung. Den Einwand Bendels, dass es sich um Satire handele, ließ der Richter nicht gelten. Weder sei der Deutschland-Kurier ein Satire-Magazin, noch sei die Fotomontage ohne weiteres zu erkennen.

Die Strafe fiel aber schärfer aus als im Strafbefehl: Statt einer Geldstrafe verhängte der Richter eine siebenmonatige Freiheitsstrafe, allerdings ausgesetzt zur Bewährung. Als Bewährungsauflage muss Daniel Bendels 1.500 Euro an die Kreisverkehrswacht Bamberg zahlen. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor.

Ein Kommentar in der Springer-Zeitung Die Welt hielt es für „ein Erkennungszeichen von Diktaturen“, wenn „Journalisten für satirische Regierungskritik womöglich hinter Gitter müssen.“ AfD-Rechtspolitiker Stephan Brander meinte: „Das Gericht sollte sich für dieses Urteil schämen, das nur dazu dienen soll, kritische Journalisten mundtot zu machen und pointierte Meinungsäußerungen zu kriminalisieren.“ Bendels selbst kündigte an: „Wir werden dieses Urteil nicht hinnehmen und uns mit allen juristischen Mitteln dagegen zur Wehr setzen.“

Aufhebung in der nächsten Instanz möglich

Bendels hält Paragraf 188 für verfassungswidrig und hatte deshalb eine Vorlage des Falls beim Bundesverfassungsgericht beantragt. Dieser Einschätzung folgte das Amtsgericht allerdings nicht und verzichtete auf eine Vorlage in Karlsruhe.

Es ist trotzdem gut möglich, dass die auf Paragraf 188 gestützte Verurteilung in der nächsten Instanz aufgehoben wird. Denn das Bayerische Oberste Landesgericht hat erst im März eine enge Auslegung der Norm angemahnt. Der Paragraf soll nur anwendbar sein, wenn ein „vernünftiger, durchschnittlicher Bürger“ aufgrund der Falschdarstellung an der Integrität der politischen Person zweifeln wird. Dass Faeser ein Schild mit dem Satz „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ in die Kamera hält, wird wohl kein vernünftiger Mensch glauben.

Doch auch ohne den strafverschärfenden Paragrafen 188 entfällt nicht unbedingt die Strafbarkeit der Fotomontage. Denn die Verleumdung ist gemäß Paragraf 187 immer strafbar, auch wenn keine Politiker betroffen sind. Es droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.

Die Strafbarkeit entfällt nur, wenn die Meinungs- oder Kunstfreiheit überwiegt. Dies könnte hier jedoch gut möglich sein, weil die kommunikativen Grundrechte ja nicht zuletzt der „Machtkritik“ dienen, so das Bundesverfassungsgericht. Ob die Kritik berechtigt oder gar geistreich ist, spielt juristisch keine Rolle.

Anmerkung der Redaktion: In einer vorigen Version dieses Textes war der Name des Journalisten Daniel Bendels falsch geschrieben. Das ist korrigiert.

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16 Kommentare

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  • Frau Faeser setzt die Justiz gegen den Urheber eines erkennbar satirischen Posts in Bewegung, durch den sie sich in ihrer Ehre verletzt fühlt. Auch der Dümmste erkennt die Satire, da Frau Faeser den Satz auf dem gefakten Plakat nie aussprechen würde. Die Ironie dabei: durch ihre Anzeige bestätigt sie die Unterstellung.

    Hier geht es um weit mehr als die persönliche Empfindlichkeit einer Politikerin. Der § 188 StGB dient weniger dem Persönlichkeitsschutz von Politikern als der Einschüchterung der Bürger. Das ist in dieser Form eines freiheitlichen Rechtsstaats unwürdig, zumal wenn Gerichte den Paragraphen so exzessiv anwenden wie in diesem oder im „Schwachkopf“-Fall. Hier wollen Regierende mittels der konkreten Angst vor Hausdurchsuchungen und Beschlagnahme digitaler Endgeräte dem Volk den Mund verbieten. Derart drastische Eingriffe in die persönliche Freiheit sollten schweren Straftaten vorbehalten bleiben, statt damit „Meinungsverbrechen“ zu ahnden.

    So gegen Satire und Polemik vorzugehen ist kennzeichnend für autoritäre Regime. Es ist zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht das Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherstellt und diesen unsäglichen Paragraphen kippt.

  • " Platte Form " war datt Schild mit der Verkündung nötig gewesen ?



    Es gibt nix Neues unter der Sonne 🌞 hätte doch gereicht, oder ?

  • Die Kripo hat Frau F auf die Karikatur aufmerksam gemacht? Hätte es Frau F und ihren Paragraphen schon früher gegeben wäre uns viel Spaß erspart geblieben, Titanic etc. alle in Fesseln. Wahrscheinlich gehen F und die Tagespolitiker fest vom ewigen Bestand des aktuellen Status Quo aus, so derbe wie sie alle mit dem Grundgesetz umgehen.

    • @Stadtkindhans:

      👍👍

  • Dass sie das nie sagte oder schrieb, ist klar, macht aber die üble Nachrede nicht minder arg.

  • Hier war der Autor erkennbar in Not:

    Natürlich ist es eine prinzipiell nicht hinnehmbare Grenzüberschreitung einen Zeitungsredakteur wegen so einem Bild ins Gefängnis zu stecken, sei es auch auf Bewährung. Es ist entweder satire oder offensichtlich wahr. Den Schritt zu einer ehrenrührigen Verleumdung kann es offensichtlich nicht gehen, da die Dame ja tatsächlich Anzeige erstattet hat und somit offensichtlich die Meinungsfreiheit gering schätzt.

    Zum anderen ist der verurteilte ein AFD naher Mann. Jemand, den der Autor unmöglich verteidigen kann. In dieser gemengelage hat er sich recht gut geschlagen.

    • @Dr. Idiotas:

      Dreimal "offensichtlich" ist ein guter Hinweis darauf, dass hier nichts offensichtlich ist. Jeder, der sich verleumdet fühlt, kann hierzu eine Anzeige erstatten. Wie das die Meinungsfreiheit einschränkt, erschließt sich mir nicht. Denn Verleumdung ist nun mal keine Meinung. Ob eine Verleumdung vorliegt, entscheiden die Gerichte, der Fall hier ist so spektakulär, dass ich mir vorstellen kann, dass eines schönen Tages die Karlsruher Verfassungsrichter die endgültige Entscheidung treffen. Ich tippe in dem Fall auf Freispruch.

  • Satire? Eher selbsterfuellende Prophezeiung.

    • @elektrozwerg:

      Warschau my dear!



      Das Hessentrinchen vande Görg Ffm - 🙀🥳 -



      🧮🧐➖➕💻✖️🖥️ tvWeiß wode wohnst! Gelle

      unterm—— a 🥱 ‚ &. a 🥱 —



      Mein glaubt es ja eigentlich nicht! But



      Wieviele km zerbissene Tischkanten bis heute die Karlsruher Entscheidung zum Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung - bundesweit gezeitigt & wieviel Tonnen Schaum vorm 👄! Who knows!



      Ein Freund - Examen in meinem ◾️🤵‍♂️- Hiwi KA von Prof Konrad Hesse & sZ MB - erzählt zum Besuch des Senats im BMI “Du glaubst es ja nicht! Mein Gott - das war doch an die zehn Jahre her! Die gingen uns richtig darob an!



      Hatten immer noch Schaum vorm 👄!“



      Und beim Hessentrinchen sprühen ja förmlich noch dazu die Haare - nicht der Geist! Gelle

    • @elektrozwerg:

      Dieser Kommentar ist Satire. Hoffentlich.

  • Man kann und darf den Kampf gegen Fake im Netz nicht allein den Gerichten auf Grundlage überkommener und teilweise überholter Gesetze überlassen.



    Es ist eine politische Entscheidung: Soll die digitale Parallelwelt ernstgenommen werden? Wenn ja, dann gilt dort, was überall in der Öffentlichkeit gilt -- wie in Asocial Media, so auf dem Marktplatz.



    Cut the cables.

  • "AfD-Rechtspolitiker Stephan Brander..."



    Ja hat's denn in dieser Partei auch andere?

  • Ein unfassbares Urteil, das hoffentlich keinen Bestand hat. Schon fast Habecksche 'Schwachkopf'-Urteil ist ein Unding.

  • Das Urteil ist im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG fast absurd. Das hält immer wieder fest, dass Personen in herausgehobenen Stellungen wie Minister, Richter so einiges aushalten müssen, da gab es schon bemerkenswerte Entscheidungen, was man alles sagen und schreiben darf….

    Ein Richter sollte diese Entscheidungen kennen und beachten.

    Man gefährdet mit solchen Entscheidungen meines Erachtens das Vertrauen in die Justiz

  • Ja wie? Sach mal so: So nah wie hier bei unser aller Hessentrinchen - an der Wahrheit - hm!



    Ist Satire ja doch eher selten. Gelle

    kurz - Das OLG - § 188 - § 187 - hin oder her



    Wird wg der evidenten Übertreibung & mit Rücksicht auf die Kunstfreiheit - die greift nämlich schon beim ersten Mal, s Urteil lupfen •