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Urteil über Rettungsschiff vor Lampedusa„Sea-Watch 3“ darf nicht anlegen

Erneute Niederlage für die Hilfsorganisation Sea-Watch: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte, dass ihr Rettungsschiff nicht in Italien anlegen darf.

Kapitänin der „Sea-Watch 3“: Carola Rackete Foto: Sea-Watch.org

STRAßBURG dpa | Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erneut eine Niederlage einstecken müssen. Der Gerichtshof kam dem Eilantrag des Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“, in Italien anlegen zu dürfen, am Dienstagabend nicht nach. Die italienischen Behörden müssten Migranten, die wegen ihres Alters oder Gesundheitszustandes besonderen Schutz brauchten, aber weiterhin Unterstützung zukommen lassen, so der Gerichtshof.

Das Schiff hatte die Migranten vor rund zwei Wochen vor Libyen aufgenommen und wartet seitdem mit 42 Geflüchteten an Bord vergeblich vor der sizilianischen Insel Lampedusa auf eine Einfahrtserlaubnis.

Da es an Bord keine Menschen mehr gebe, die auf dem Schiff gefährdet seien, werde derzeit kein Grund für die Anwendung der Maßnahmen gesehen, hieß es in der Begründung der Entscheidung. Familien, Schwangere und Kranke hätten das Boot bereits verlassen können.

Anträge auf einstweilige Maßnahme

Die Kapitänin des Rettungsschiffes, Carola Rackete, sowie rund 40 Migranten an Bord hatten nach EGMR-Angaben Anträge auf eine sogenannte einstweilige Maßnahme gestellt, in Italien an Land gehen zu dürfen. Nach diesem Verfahren kann der Gerichtshof in Fällen drohender Menschenrechtsverletzungen einschreiten und Staaten anweisen, Abhilfe zu schaffen.

Geschlossene Häfen für Menschenschlepper und ihre Komplizen

Matteo Salvini, Innenminister

Die Entscheidung des EGMR zeige, „dass niemand Verantwortung übernehmen will“, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. Das sei aber zwingend notwendig: Die Situation könne nicht ewig andauern, denn die Lage auf dem Schiff spitze sich immer weiter zu, so Neugebauer.

Italiens Innenminister Matteo Salvini sah in der Entscheidung eine Bestätigung seines Kurses. „Geschlossene Häfen für Menschenschlepper und ihre Komplizen“, erklärte er. In dieser Hinsicht gebe es kein Zurück.

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8 Kommentare

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  • Hätte die USA nicht den IRAK unberechtigt angegriffen, nicht in Lybien Gadaffi entmachtet, die CIA nicht Syrien unterwandert, also alles das, was der POTUS Berater Zbigniew Kazimierz Brzeziński geraten hat um Europa, insbesonders Deutschland zu schwächen, müsste man sich mit Gesetzesbrüchen, angefangen beim Grundgesetzbruchg der Kanzlerin, Schengenumgehung und kriminellen Schlepperdiensten beschäftigen.



    Seenotrettung bedeutet: Aufnahme von Menschen in "echter" Seenot und diese zurück zur nächsten Küste, und nicht über das gesamte Mittelmeer schleppen.

  • 9G
    99140 (Profil gelöscht)

    Menschen, die hier in einer Solidargemeinschaft gross geworden, nie in existenzieller Not oder das Leben bedroht in völlig absurdem Komfort leben und angesichts von diesen verzweifelten Menschen in Not und ihren Lebensrettern von Verantwortlichkeiten und Gesetzen faseln, sollten umgehend auf ein Schiff nach Lybien gesetzt werden, ohne einen Euro in der Tasche.



    Nach 3 Monaten mal schauen wer davon noch um die dringend benötigte Hilfe betteln kann.



    Von Verantwortung zu schreiben, ohne die Verantwortung von uns allen in seine Argumentation mit einfliessen zu lassen, ist pure Ignoranz. Und nicht selten auch widerwärtige Niedertracht.

    • @99140 (Profil gelöscht):

      Die Not auf der Welt ist groß, stimmt. Aber Ihr Kommetar ist ebenso menschenverachtend. Das waren rechtlich eindeutige Schlepperdienste, keine Seenotrettung. Haben Sie das Frontex Video gesehen? Sicher nicht.



      arum nehmen Sie nicht 3-6 Migranten bei sich auf? Helfen Sie direkt! Ihr zeigt immer nur mit Fingern auf andere, aber selber macht ihr nichts!



      Entweder Rechtsstaat oder Bananarepublik. In letzterer sind auch Sie in Gefahr.



      Weltweit sind 150 Millionen Menschen auf der Flucht.



      Möchten Sie alle diese Menschen in Deutschland haben? Wie soll das funktionieren? Sicher haben Sie keine Kinder. Wird Deutschland nicht schon regiert von Gesetzesbrechern? Und das komplett falsch informierte Volk jubelt noch dabei.



      Denken Sie überhaupt nach bevor Sie komentieren?

  • Für die Menschen auf dem Schiff verantwortlich sind ausschließlich die Niederlande (als Staat) und Seawatch (persönlich). Frau Rakete hätte schon vor 14 Tagen Kurs auf Rotterdam nehmen können, dann wäre die Situation unter den Migranten auch nicht derart eskaliert.

    Deutschland und die deutsche Regierung trägt keine Verantwortung und ist zu nichts verpflichtet.

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Es fehlt nach wie vor die Zusage der guten Europäer und insbesondere Deutschlands, gerettete Flüchtlinge sofort ausfliegen zu lassen.

    Städte und Gemeinden, welche über den geltenden Verteilerschlüssel hinaus gern Flüchtlinge aufnehmen wollen, gibt es hierzulande viele.

    Bin gerade wieder in Italien und darf einmal mehr vernehmen, dass dieser Kurs von Salvini hier weitgehend Unterstützung findet.

    St. Florian, wie er leibt und lebt, denn jedes immer wieder neu ansetzende Feilschen der eben guten Europäer um einzelne Kopfzahlen, einzelne Übernahmen von Geretteten ist Wasser auf die Mühlen von Salvini und seiner Lega.

  • In den zwei Wochen seit der Aufnahme der Flüchtlinge auf das Schiff hätte man schon lange einen Hafen in einem anderen Land erreichen können. Wie wäre es mit Hamburg?

  • Nun..nun! Es ist keine Niederlage für die "SEAWATCH 3" ! Es ist jedoch eine harte Niederlage für den U.N.O. Humanismus der EU und Italiens!



    Klar ist es in der Enge des Schiffes ein reichlich grosser Stress für die crew und die geretteten Flüchtlinge.. Aber? Die Zeit ist auf ihrer Seite...

    • 8G
      86970 (Profil gelöscht)
      @vergessene Liebe:

      oh nein, die Zeit ist keineswegs auf der Seite von SeaWatch: die Vorräte sind begrenzt, irgendwann müssen die Freiwilligen zurück in ihre regulären Tätigkeiten und die Nerven sind auch irgendwann durch.

      Aber der wichtigste Punkt: im August werden die neuen Regeln des Flaggenstaates (Niederlande) in Kraft treten, und dann ist voraussichtlich ohnehin Schluss für dieses Boot.

      Ergo: SeaWatch steht in jeder Hinsicht mit dem Rücken zur Wand.