Urteil über Parkgebühren in Freiburg: Darf ruhig teuer werden
In Freiburg ist eine Debatte über die Nutzung des städtischen Raums eröffnet. Auslöser war ein Urteil über Parkgebühren.
A nwohnerparkplätze dürfen deutlich teurer werden, urteilte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Für die Stadt Freiburg heißt das zwar, dass eine Klage gegen die hohen städtischen Parkgebühren durchging, aber das liegt an handwerklichen Fehlern der Stadtoberen bei der Ausgestaltung. Bundespolitisch gesehen, ist bei dem Urteil ein positiver Aspekt viel wichtiger: Das Bundesverwaltungsgericht hat die erhöhten Anwohnerparkgebühren in Höhe von 360 Euro pro Jahr „nicht beanstandet“ – und dies sogar explizit betont. Denn schließlich bekomme der Kfz-Halter für sein Geld auch einen „erheblichen“ Gegenwert, nämlich einen wohnungsnahen Parkplatz.
Mit dieser höchstrichterlichen Aussage haben die Städte nun ein Stück mehr an Sicherheit, wenn sie die Verkehrswende vor Ort voranbringen wollen. Denn die Steuerung des „ruhenden Verkehrs“ in den Stadtzentren durch den Preis ist ein ganz entscheidender Hebel, wenn es darum geht, städtische Räume dem Autoverkehr zu entziehen und für das urbane Leben zurückzugewinnen.
Auch wenn man im Freiburger Rathaus nun erst einmal die Wunden leckt – das Urteil könnte andere Städte beflügeln, ihren wertvollen Grund und Boden fortan nicht mehr zu Spottpreisen den parkenden Autos zu überlassen. Viel zu lange galt es als selbstverständlich, dass Anwohner mit ihren Fahrzeugen öffentlichen Raum praktisch kostenlos nach Belieben in Anspruch nehmen können.
Die Denke vergangener Jahrzehnte beim Thema Stellplätze hat unterdessen noch weitere Facetten, die einer Debatte bedürfen. So ist auch das Konstrukt, wonach die Landesbauordnungen Stellplatzpflichten für Wohngebäude vorgeben, längst aus der Zeit gefallen. Diese Regelung muss daher das nächste große Thema in der Verkehrspolitik werden. Denn noch immer müssen sogar Haushalte ohne eigenes Auto Stellplätze vorweisen, wenn sie neuen Wohnraum schaffen – was diesen erheblich verteuern kann.
Wer parken will, muss zahlen
Hier wäre ein grundsätzlich neues Konzept nötig. Nicht wer Wohnraum schafft, sollte dazugehörige Stellplätze nachweisen müssen, sondern wer ein Auto anmelden will. Kann der Autobesitzer keinen eigenen oder gemieteten Stellplatz in Wohnungsnähe vorweisen, muss er eben eine – künftig deutlich teurere – Anwohnerparkberechtigung für den öffentlichen Raum erwerben.
Damit wird deutlich: Man braucht nicht viel für eine Verkehrswende in den Städten – schlichte Kostenwahrheit reicht. Wer einen Parkplatz braucht, muss diesen eben bezahlen. Das jüngste Urteil hat die Tür dahin weiter geöffnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch