Urteil im Folterprozess in Frankfurt: Lebenslange Haft für syrischen Arzt
Ein Orthopäde, der auch in deutschen Krankenhäusern tätig war, hat in Syrien Assad-Gegner*innen getötet und brutal gefoltert. Deshalb wurde er Frankfurt nun zur Höchststrafe verurteilt.

Durch die verurteilten Taten seien „neun Menschen schwer an Leib und Seele verletzt und zwei getötet“ worden, sagte der Vorsitzende Richter Christoph Koller bei der Urteilsverkündung. Er sah es als erwiesen an, dass M. als Assistenzarzt in einem Militärkrankenhaus Gegner des Assad-Regimes gefoltert hat.
Ihm wurden während des Prozesses diverse Misshandlungen vorgeworfen. So soll M. Knochenbrüche ohne ausreichende Narkose operiert, Häftlinge geschlagen und getreten, Körperteile mit brennbarer Flüssigkeit übergossen und angezündet haben. Einen Gefangenen soll er mit einer Giftspritze getötet haben, weil dieser versucht habe, sich zu wehren. Ein Gutachter hatte M. sadistische Neigungen attestiert.
Der heute 40-jährige Alaa M. lebt seit zehn Jahren in Deutschland und hatte in mehreren Kliniken als Orthopäde gearbeitet, zuletzt im nordhessischen Bad Wildungen. Im Sommer 2020 wurde der Familienvater festgenommen – Opfer hatten ihn in einer TV-Dokumentation über die syrische Stadt Homs wiedererkannt.
Anklage in Deutschland möglich wegen Weltrechtsprinzip
Seitdem saß er in Untersuchungshaft. Der Prozess gegen M. begann im Januar 2022. Dass sich der Mann wegen Verbrechen in seiner Heimat vor einem deutschen Gericht verantworten muss, liegt auch am sogenannten Weltrechtsprinzip im Völkerstrafrecht. Es erlaubt, auch hierzulande mögliche Kriegsverbrechen von Ausländern in anderen Staaten zu verfolgen.
Die Bundesanwaltschaft hatte für den Mann in ihrem Plädoyer lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung gefordert. Seine Anwälte forderten unter anderem für den Anklagevorwurf der Tötungen einen Freispruch. Ihr Mandant sei in dem fraglichen Zeitraum nicht in Homs tätig gewesen. Alaa M. selbst bezeichnete sich in dem Prozess als nicht schuldig, er sei Opfer eines Komplotts. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!