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Urteil gegen ShellEin bahnbrechendes Urteil

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Ein niederländisches Gericht hat den Ölkonzern Shell zu mehr Klimaschutz verpflichtet. Die Botschaft: Fossile Investments lohnen sich nicht mehr.

Lohnt sich bald nicht mehr: eine Shell-Raffinerie in Texas Foto: Andrees Latif/reuters

L auter grüne Nullen: Staa­ten­len­ke­r:in­nen und Un­ter­neh­mens­che­f:in­nen werfen seit einiger Zeit nur so um sich mit Zielen für die Klimaneutralität in fernen Jahrzehnten. Das wird ziemlich viel Arbeit. Mit der Frage, wann und wie sie die zu erledigen gedenken, geben sich viele der klimapolitischen Ziel­was­ser­trin­ke­r:in­nen leider nicht weiter ab.

So auch Ölriese Shell. Der Konzern mit Hauptsitz im niederländischen Den Haag hat zwar angekündigt, im Jahr 2050 klimaneutral sein zu wollen, als Zwischenschritt bis 2030 hat er sich aber nur eine Reduktion der Emissionen um 20 Prozent gegenüber 2016 vorgenommen. Er will also noch sehr lange Geld damit verdienen, Öl ins Feuer zu gießen.

Dieser Verschleppungstaktik hat das Bezirksgericht in Den Haag jetzt eine Absage erteilt. Auf Klage von Umweltschutzorganisationen und mehr als 17.000 Bür­ge­r:in­nen haben die Rich­te­r:in­nen den Konzern am Mittwochnachmittag zu einer Reduktion um 45 Prozent gegenüber 2019 verpflichtet.

Shell hat angekündigt, in Berufung zu gehen. Doch das Urteil ist, unabhängig davon, wie es in den Instanzen weiter geht, schon jetzt bahnbrechend. Noch nie zuvor hat ein Gericht einem privaten Konzern einen geschäftlichen Strategiewechsel verordnet, um ihn zur Verantwortung für die Klimakrise zu ziehen.

Es ist ein Signal an die globale Wirtschaft, um das die Politik sich vielerorts noch drückt: Fossile Infrastruktur geht nicht mehr. Wer sein Geld immer noch in deren Ausbau steckt, sieht es zum großen Teil nicht mehr wieder. Denn lange können die Pipelines und Kraftwerke nicht mehr laufen.

Solche Signale gab es natürlich auch schon von zahlreichen Ökonom:innen, von Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen ganz zu schweigen. Die Unternehmen, die dabei weggehört haben, müssen nun den Knall des Richterhammers fürchten.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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7 Kommentare

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  • Gibt es im kleingedruckten Regularien das verkaufte und ausgelagerte Geschäftsbereiche ausklammert ?



    Und das ein Unternehmen alles möglichst weit hinausschiebt ist klar es wird halt 2 Jahre vor Ablauf ein Cut gemacht entweder neu gebaut wenn es sich lohnt oder zu gemacht.So kommt der Cut halt eher und da wird dann eher zu gemacht als neu gebaut ob es den Angestellten in den betroffenen Werken hilft ist die andere Sache...

  • Ist das wirklich so ein Erfolg? Die Wirksamkeit von Entscheidungen US-amerikanischer Regionalgerichte beruht einzig und allein auf dem Einfluss der einzigen verbliebenen Supermacht.



    Solch einen Machtpolitischen Hintergrund hat man in Holland nicht. Was spricht dagegen, dass ein Firmensitzwechsel eine Instanz später dieses Urteil nichtig macht?

  • Mal eine gute Nachricht, obwohl vor kurzem gab es ja bereits ein Gerichtsurteil bzgl. der zu geringen Maßnahmen unserer Regierung Merkel für einen Stop der Erderwärmung.

    Diesmal schafft sogar ein Bezirksgericht es, sich gegen einen Giganten wie Shell zu stellen.



    Wunderbar.

  • "Es ist ein Signal an die globale Wirtschaft, um das die Politik sich vielerorts noch drückt..."

    Das ist aber auch ein Problem. Wieso erlaubt sich ein Gericht in de Niederlanden, über Geschäfte in anderen Ländern zu entscheiden? Explorationen können Länder des globalen Südens zB nicht alleine stemmen, sondern sind auf Multis angewiesen. Ob das wirklich gut ist, sei dahingestellt.

    Aber der Punkt ist, dass damit zB Namibia oder Nigeria von einem kleine Land im globalen Norden verboten wird, fossile Quellen zu nutzen. Das wird in den Ländern zurecht als neokoloniale Einmischung in innere Angelegenheiten gesehen.

    Das die CO2 Emission global reduziert werden muss, ist natürlich trotzdem richtig.

    • @fly:

      Ich verstehe nicht, was Sie genau reklamieren möchten.

      Ein niederländisches Unternehmen wurde in den Niederlanden verurteilt. Wo denn sonst?

      Oder soll es unangreifbar werden, weil es auch im Ausland agiert? Das wäre ja fatal!

    • @fly:

      Ich weiss natürlich was du ausdrücken willst aber:



      jeder Euro der an Unterstützung, ob von Multis, Regierungen oder ngos, für fossile Energie ausgegeben wird, ist für alle Beteiligten ein Verlustgeschäft.

      Längst gibt es Alternativen, gerade für die Länder die 20-50% mehr Sonnenstunden haben als wir:



      www.africagreentec.com/

      Die jungen Menschen müssen schnellstmöglich von der Droge "Toyota 4 WD" entwöhnt werden, die in vielen Fällen ja auch gefördert wurden.

      Solare Insellösungen in den Dörfern überspringen dabei die marode (wenn vorhandene..) und krisenanfällige elektrische Infrastruktur.



      Ich kann mir z.B. sehr gut geförderte Lizenzbauten obiger Anlagen vorstellen. Und für Markt- und Personentransporte statt der pick-ups mit den kleinen Ladeflächen, 3- oder 4 -rädrige Lastenfahrräder mit einem Solardach, die dann im Dorf oder in der Stadt nachgeladen werden. Vor Ort gebaut und repariert.

      Auch die armen Länder können sich die Verschwendung von Ressourcen in eine abgehende Technologie einfach nicht leisten.

      • 9G
        97287 (Profil gelöscht)
        @Heiner Petersen:

        Sie können ja mal gerne in Brandenburg auf dem Dorf mit dem Lastenfahrrad auf einer Sandpiste fahren, dann nochmal in Afrika, z.B. Tansania, in der Regenzeit. Das ist typisches koloniales Gehabe— Lizenzgebühren für eine billige Solaranlage, die jeder 16-jähre hin bekommt.