Urteil gegen Oppositionellen in Belarus: Haftstrafe für Gegenkandidat
Viktor Babariko ist von einem Gericht in Belarus zu 14 Jahren Haft verurteilt worden. Bei den Wahlen 2020 wollte er gegen Lukaschenko kandidieren.
Neben Babariko, dem ehemaligen Chef der Belgazprombank, die der russischen Gazprombank und Gazprom gehört, sind noch sieben weitere Topmanager der Belgazprombank zu Haftstrafen von drei bis sieben Jahren verurteilt worden. Mit Ausnahme von Babariko hatten alle eine Schuld eingestanden und mit den Strafverfolgungsbehörden zusammengearbeitet.
In seinem am 28. Juni vorgetragenen Schlusswort hatte Babariko erneut seine Unschuld betont. Für ihn ist das Verfahren „politisch motiviert“. Amnesty International hat Viktor und Eduard Babariko als Gewissensgefangenen anerkannt.
„Ich schäme mich wegen nichts. Ich habe nichts Gesetzeswidriges getan“, so der 57-Jährige. Das wichtigste sei für ihn, dass seine Kinder ihm kürzlich gesagt hätten, sie würden sich ihres Vaters wegen nicht schämen. Der Andrang zur Gerichtsverhandlung, die öffentlich war, war groß. Über hundert Personen mussten deswegen vor dem Gerichtsgebäude warten.
Mitglieder des Wahlkampfstabs in Haft
Nach der Nichtzulassung von Babariko und anderen KandidatInnen zu den Präsidentschaftswahlen am 9. August 2020 hatten sich die Wahlkampfstäbe von Viktor Babariko, Swetlana Tichanowskaja und Waleri Zepkalo verabredet, die einzige zugelassene oppositionelle Kandidatin Tichanowskaja zu unterstützen. Mittlerweile ist der Wahlkampfstab von Babariko zerschlagen, die wichtigsten Mitglieder dieses Stabes, etwa Babarikos Sohn Eduard Babariko oder Maria Kolesnikowa, sitzen ebenfalls in Haft.
Die Opposition hatte das offizielle Wahlergebnis, demzufolge Lukaschenko am 9. August 2020 80 Prozent der Stimmen bekommen haben soll, nicht anerkannt. Für sie ist Tichanowskaja die Gewinnerin der Präsidentschaftswahlen. Die EU hat mehrfach Sanktionen gegen das Lukaschenko-Regime verhängt.
Die im Juni verhängten EU-Sanktionen gegen Belarus, eine Antwort auf die Entführung eines Flugzeuges, in dem sich der oppositionelle Journalist Roman Protassewitsch und seine Freundin Sofia Sapega befanden, verbieten Handelsgeschäfte mit belarussischen Staatsunternehmen. Besonders von diesen Sanktionen betroffen sind die Öl- und Gasbranchen, Kali- und Phosphatproduzenten. So ist nun eine Einfuhr von Kali aus Belarus in die EU verboten. Belarus ist einer der größten Kaliexporteure weltweit.
Unterdessen fürchten Menschenrechtsgruppen, ein weiterer Gegner von Lukaschenko könnte zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt werden. 14 renommierte Menschenrechtsorganisationen, darunter Human Rights Watch, das amerikanische PEN-Zentrum, Reporter ohne Grenzen und die Europäische Journalistenföderation fordern die sofortige Freilassung des belarussischen Journalisten Alexander Alexandrow. Ihm wird vorgeworfen, Geld für inhaftierte Journalisten und Demonstranten gesammelt zu haben. Am 30. Juni dieses Jahres wurde ihm offiziell „Hochverrat“ vorgeworfen. Dies könnte eine Haftstrafe von 15 Jahren nach sich ziehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los