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Urteil des MenschenrechtsgerichtshofsSignal an Russland

Kommentar von Barbara Oertel

Ein Gericht stellt Menschenrechtsverletzungen durch Russland im Georgien-Krieg fest. Sonderlich ernst nimmt das Land die Urteile aus Straßburg nicht.

Gräber georgischer Soldaten während einer Gedenkfeier in Tiflis im August 2017 Foto: David Mdzinarishvili/reuters

D ie Nachricht aus Straßburg wird viele Ge­or­gie­r*in­nen mit Genugtuung erfüllen. Russland hat 2008 im Nachgang zu den Kampfhandlungen um die georgische Provinz Südossetien schwere Menschenrechtsverletzungen mit zu verantworten. Das hat jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt.

Wie heikel dieser Fall ist, zeigt der Umstand, dass die Straßburger Richter fast zehn Jahre für ihre Urteilsfindung gebraucht haben. Mit diesem Verdikt ist auch das Narrativ des Kreml, die Südosseten agierten in Eigenregie, als das entlarvt, was es ist: reine Propaganda. Angesichts der jüngsten juristischen Niederlage dürfte genau das der Vorwurf sein, den Moskau an die Adresse des Westens erheben wird.

Das Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs wirft erneut die grundsätzliche Frage auf, wie Europa mit dem östlichen Nachbarn umgehen soll. Moskau behält sich vor, Urteile nicht umzusetzen, so sie denn der russischen Verfassung entgegenstehen. Dabei werden Fälle, die Russland betreffen, mit Abstand am häufigsten in Straßburg verhandelt.

Auch auf die Rolle Russlands im Europarat, zu dem der Gerichtshof gehört, lohnt ein Blick. Die Suspendierung des Stimmrechts in der parlamentarischen Versammlung wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim beantwortete Moskau mit einer Stornierung seiner Beitragszahlungen. Und der Europarat? Er zog den Schwanz ein und nahm die russische Delegation 2019 wieder auf. Man könne russischen Bür­ge­r*in­nen nicht die Möglichkeit nehmen, vor das Straßburger Gericht zu ziehen, lautete ein Argument der Befürworter*innen.

Wie wenig ernst Moskau diese Institution nimmt, wurde erst vor wenigen Tagen wieder deutlich. Einer Anhörung zum Fall des vergifteten Oppositionellen Alexei Nawalny blieben die russischen Vertreter fern. Was tun? Jedenfalls nicht weiterwursteln wie bisher. Es sei denn, der „Hüter der Demokratie“ möchte sich auch künftig von Moskau vorführen lassen.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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4 Kommentare

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  • Der "Hüter der Demokratie" braucht Moskau nicht, um sich selber lächerlich zu machen.

    Versteht mich nicht falsch. Ich halte das EGMR für einen riesigen Fortschritt, und bei allen seinen Schwächen bin ich froh, dass "wir" es so weit gebracht haben.

    Aber angesichts der EU-Mitgliedsstaaten, die Menschen vor ihrer Tür ersaufen lassen, sie in Lagern unter menschenunwürdigen Bedingungen stecken, derweil sie sich den "schwarzen Peter" (oder sollte ich sagen, den "weissen Horst"? Oder den braunen Viktor?) zuschieben, da kann einem schon der Mut verlassen.

    Angesicht Assanges und Snowden.

    Ich denke, wir sollten Druck auf unsere Aussenpolitiker machen: ihnen klar machen, dass sie vor Putin und Xi in Unterhose (wenn überhaupt) dastehen, wenn sie "Menschenrechte" stammeln, während all das "bei ihnen zuhause" passiert.

    Vielleicht geben sie dann den Druck zurück?

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Okay Snowden ist in Russland im Exil und Assange, wird nicht ausgelifert. Da steht man im Vergleich zu Russland das Tschetschenien als anti-menschenrechtlicher Freizeitpark betreibt, China mit Millionen Menschen in Lagern nicht in der Unterhose da, ist alles perfekt? Nein. Aber tausendmal besser als in diesen Ländern.

  • Im Fall Südossetien bitte nicht Ursache und Wirkung vertauschen. Nach dem Bürgerkrieg in Georgien zu Beginn der 90er Jahre stationierte Russland mit ausdrücklichem UNO-Mandat Militär zur Befriedung in Südossetien. In der Nacht vor der Eröffnungsfeier der Sommerolympiade 2008 hat die georgische Luftwaffe damit begonnen ohne Vorankündigung zivile Ziele sowie russische Militäreinrichtungen zu bombardieren.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Thomas Müller:

      Oder die haben zuerst auf die Georgier geschossen je nachdem wen man fragt, Fakt ist die russiche Armee war verdächtig schnell mobilisiert, während die besten georgischen Einheiten im Irak stationiert waren. Auch waren beide Volksgruppen in diesen Gebieten nie die Mehrheit das wurden sie nur durch Völkermord und Vertreibung auch durch Unterstützung von Mütterchen Russland in den 90er Jahren.