Urteil des Menschenrechtsgericht: Kasparow kriegt Geld vom Kreml
10.000 Euro für eine Festnahme: So viel Schadenersatz erhält Garri Kasparow vom Kreml, weil er 2007 bei einer Anti-Putin-Demonstration festgenommen worden war.
STRASSBURG dpa/afp | Der russische Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow und acht andere Beschwerdeführer haben erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen den Kreml geklagt. Russland muss nach einem EGMR-Urteil von Donnerstag dem 50-jährigen Oppositionsführer sowie zwei Mitstreitern jeweils 10.000 Euro Schadensersatz für die Festnahme bei einer Demonstration gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin im April 2007.
Den übrigen sprach der Gerichtshof ein Schmerzensgeld von jeweils 4000 Euro zu. Ein Gericht hatte die Gruppe Oppositioneller damals wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration zu einer Geldstrafe verurteilt.
Die Kläger seien nur festgenommen und verurteilt worden, weil die Kundgebung nach Auffassung der Behörden nicht erlaubt gewesen sei, hieß es in dem Urteil. Dieses Vorgehen sei „unverhältnismäßig und für die Erhaltung der öffentlichen Ordnung nicht erforderlich“ befanden die Grundrechts-Richter.
Die Kundgebung vom 14. April 2007 gegen die Politik der Moskauer Regierung war damals genehmigt worden – aber nur für eineinhalb Stunden und an einer bestimmten Stelle im Zentrum Moskaus. Kasparow und einige andere Kläger betonten, sie seien auf dem Weg zu der genehmigten Demonstration festgenommen worden. Andere der Beschwerdeführer sagten aus, sie seien festgenommen worden, obwohl sie nicht an der Kundgebung teilnehmen wollten.
Insgesamt wurden nach der Demonstration rund 300 Teilnehmer festgenommen. Die Europäische Union und der Europarat hatten das Vorgehen der russischen Polizei scharf kritisiert.
Kasparow lebt im Ausland. Er befürchtet, wie andere Gegner von Kremlchef Wladimir Putin, wegen seiner Teilnahme an Protesten Repressalien. Das Urteil wurde von einer kleinen Kammer gefällt und ist noch nicht rechtskräftig. Russland hat nun drei Monate Zeit, Rechtsmittel einzulegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann zur Überprüfung an die 17 Richter der Großen Kammer verweisen, er muss dies aber nicht tun.
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