piwik no script img

Urteil des Landgerichts Wuppertal„Scharia-Polizisten“ freigesprochen

Nach Ansicht des Wuppertaler Landgerichts war der Auftritt von Islamisten als „Scharia-Polizei“ nicht strafbar. Das Gericht sprach alle Angeklagten frei.

Sorgte für Aufregung und viel Berichterstattung: die Scharia-Polizei in Wuppertal Foto: dpa

Wuppertal dpa | Der Auftritt von Islamisten als „Scharia-Polizei“ in Wuppertal war nach Ansicht des Landgerichts nicht strafbar. Das Gericht sprach am Montag alle sieben Angeklagten frei. Nicht einmal die Polizei habe zunächst einen Anfangsverdacht gegen die Männer gesehen, begründete der Vorsitzende Richter die Entscheidung. „Ein Gesetz, das hier gegriffen hätte, gibt es nicht.“ Eine Verurteilung wäre ein Fehler.

Die sieben Männer waren wegen Verstoßes gegen das Uniformverbot oder Beihilfe dazu angeklagt. Fünf von ihnen sollen im September 2014 in orangefarbenen Warnwesten mit der Aufschrift „Shariah Police“ durch Wuppertal patrouilliert sein. Der Auftritt der selbst ernannten Sittenwächter hatte bundesweit für Empörung gesorgt. Vertreter von Bundes- und Landesregierung hatten die Härte des Gesetzes eingefordert.

Die Westen seien aber nicht als Uniform zu werten. Von ihnen sei auch keine einschüchternde Wirkung ausgegangen, befand das Landgericht. Ein Zeuge hatte ausgesagt, er habe angenommen, es handele sich um einen Junggesellenabschied.

Warnwesten würden in der Dunkelheit von verschiedenen Gruppen getragen, etwa mit Gewerkschafts-Aufdruck, hatten die Verteidiger argumentiert. Eine Verurteilung wäre ein Eingriff in die Meinungsfreiheit.

Der Staatsanwalt hatte vergeblich Geldstrafen für die Angeklagten beantragt. Ihnen sei es als Teil der salafistischen Szene darum gegangen, das Rechtssystem der Bundesrepublik abzuschaffen. Er kann gegen die Entscheidung Revision beim Bundesgerichtshof einlegen.

Sven Lau fehlte auf der Anklagebank

Die Islamisten hatten ihren Auftritt selbst gefilmt und ins Internet gestellt. Die gleiche Kammer des Landgerichts hatte bereits die Zulassung der Anklage abgelehnt. Die Entscheidung war vom Düsseldorfer Oberlandesgericht nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft aufgehoben worden.

Der mutmaßliche Initiator der Aktion, Sven Lau, fehlte in Wuppertal auf der Anklagebank. Ihm wird derzeit wegen Terrorverdachts in Düsseldorf vor dem Oberlandesgericht der Prozess gemacht. Das Verfahren gegen ihn war deshalb vorläufig eingestellt worden. Lau war, als die Aktion Wellen schlug, zurückgerudert: „Der Name war vielleicht sehr provokant. Vielleicht war es auch ein Fehler von uns“, sagte er damals in einer Video-Botschaft.

Polizisten hatten die Gruppe damals angesprochen. Ihre Westen durften sie behalten. Damals kursierten gelbe Flyer mit der Aufschrift „Shariah Controlled Zone“ (Scharia-kontrollierte Zone). Sie sind auch im Video der Islamisten abgebildet. Auf ihnen sind Verhaltensregeln der radikalen Muslime festgehalten: kein Alkohol, kein Glücksspiel, keine Musik und Konzerte, keine Pornografie und Prostitution, keine Drogen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Und wieder 5% mehr für die AfD.

     

    Ich will weder islamische noch sonstige selbsternannte Sittenwächter auf der Straße. Eine Haftstrafe dafür wäre in der Tat überzogen und kontraproduktiv, aber eine schmerzhafte Geldstrafe wäre völlig angemessen. So eine Art Negativlohn haben die sich locker verdient.

     

    Wenn das so weitergeht, bekommt die AfD bei der Bundestagswahl 32%. Dann gibt es eine Anti-AfD-Koalition aus CDU/CSU/SPD/Grüne, die nach einem halben Jahr zerfällt und dann gibt es Neuwahlen und dann gewinnt die AfD. Frauke Petry wird Bundeskanzlerin und Beate Zschäpe nach ihrem Freispruch Bundespräsidentin.

    • 3G
      35440 (Profil gelöscht)
      @Mustardman:

      "Das ist nicht verboten? Das geht ja mal gar nicht. Wenn was nicht verboten ist, müssen wir eben eine Partei wählen, die verbietet was wir für falsch halten.

       

      Heute die Sharia Police, morgen den Sexualunterricht, übermorgen die Homosexuellen."

       

      Aber danke für den Einblick in das Denken der AfD-Wähler: Es ist alles falsch, was nicht Ihrem Weltbild entspricht. Besonders Rechte und Gesetze.