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Urteil des Europäischen GerichtshofsHomos haben ein Recht auf Asyl

Menschen, die in ihrer Heimat wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden, haben Anspruch auf Asyl. Dafür sind aber bestimmte Voraussetzungen nötig.

Menschen wie der 2011 ermordete Homosexuellen-Aktivist David Cato aus Uganda sind in ihren Heimatländern oft Gewalt ausgesetzt. Jetzt dürfen sie auf Asyl in Europa hoffen. Bild: ap

LUXEMBURG afp | Homosexuelle Flüchtlinge haben Anspruch auf Asyl, wenn ihnen in ihrer Heimat Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung droht. Dies gilt aber nur, wenn in den jeweiligen Herkunftsländern der Flüchtlinge tatsächlich auch Haftstrafen wegen homosexueller Handlungen verhängt werden, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem am Donnerstag in Luxemburg verkündeten Urteil. (Az. C-199/12 u.a.)

In den Ausgangsfällen hatten homosexuelle Flüchtlinge aus Sierra Leone, Uganda und Senegal in den Niederlanden Asyl beantragt. Das höchste Gericht des Landes, der Staatsrat, hatte den EuGH um Vorabentscheidung gebeten.

Der Gerichtshof stellte nun zunächst fest, dass Homosexuelle eine „soziale Gruppe“ im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention seien. Begründung: Die sexuelle Ausrichtung ist ein so bedeutsames Merkmal für die Identität eines Menschen, dass er nicht gezwungen werden sollte, auf diese zu verzichten. Zielten strafrechtliche Bestimmungen speziell auf Homosexuelle ab, müssten sie daher als eine „soziale Gruppe“ angesehen werden, „die von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird“.

Laut Urteil ist die Androhung von Strafen allein aber noch kein für Asyl ausreichender Eingriff in die Grundrechte von Homosexuellen. Schutz vor Verfolgung müssen ihnen die EU-Mitgliedstaaten erst dann gewähren, wenn Freiheitsstrafen in den jeweiligen Herkunftsländern auch „tatsächlich verhängt werden“.

Nach Auffassung der Luxemburger Richter können Asylbehörden von einem Flüchtling überdies nicht verlangen, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder sich bei ihrem Ausleben zurückhält, um eine Verfolgung zu vermeiden. Dies würde der Bedeutung der sexuellen Orientierung für die jeweilige Identität eines Menschen widersprechen.

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13 Kommentare

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  • Wenn es sich um tatsächlich verfolgte Homos handelt, ist das wohl sogar in Ordnung, die Zahlen dürften ja auch überschaubar sein. Es muss nur sichergestellt werden, dass Leute, die nur vorgeben, Homos zu sein, ausgesiebt werden. Aber wie?

  • G
    Gast

    Wer aber "nur" der Gewalt und z.B. "korrektiven Vergewaltigungen" ausgesetzt ist, jedoch nicht staatlich verfolgt wird - so wie die Täter auch nicht - bekommt keine Chance auf Asyl?

  • Sehr schön. Aber was ist, wenn die Verfolgung nicht vom Staat, sondern von anderen gesellschaftlichen Gruppen ausgeht? Ob Schwule nun von der Justiz ins Gefängnis gesteckt oder wie im Irak oder in Russland von rechtsextremen Terroristen gefoltert und ermordet werden, macht für die Betroffenen ja keinen großen Unterschied. Und die Problematik gibt es mittlerweile in vielen Bereichen, weil sehr viele politische, ethnische und religiöse Verfolgungen heute nicht mehr von staatlichen Organen im engeren Sinne ausgeführt werden.

  • Es gehört zu den Paradoxien der Kolonialgeschichte, dass Auffassungen der europäischen Rassenlehre aus dem 19. jahrhundert in Afrika in den dominierenden Meinungsmachern und Politikern weiterleben und aggressiv fortgesetzt werden:

    die Lehre von der fremden Rasse der Tutsi in Rwanda;

    die Lehre von der unafrikanischen Homosexualität, die von außen das gläubige Volk mit Aids infizieren und schwächen und zur Sünde verführen würde.

    Homosexuellenmord = Strafe Gottes.

     

    RED: Kommentar gekürzt.

    • N
      NoGo
      @nzuli sana:

      Klar, wir sind an allem Schuld. Wie immer und für alles und daslebenslänglich. -

      Nein, Spaß beiseite: Sie haben keine Ahnung. Fremdenfeindlichkeit kommt in allen ethnischen Gruppen vor. Nehmen wir das Beispiel der nordmaerikanischen Indianer, die gerne einen Nachbar"stamm" mit "Feinde" oder "Schlangen" benannte.

      Oder meinen Sie, auch in diesem Fall eine Brücke zur Rassenlehre bauen zu wollen?

  • AD
    An der Bevölkerung vorbei

    Schwule Afrikaner dürfen nun einwandern. Die Freude darüber wird sich bald in ganz Europa bei Wahlen niederschlagen. Letztendlich regieren irgendwann nicht die Richter und nicht die Medien. In den 50ern hatten wir die gleiche Verfassung und ein solches Urteil wäre unmöglich gewesen. Jetzt werden sich viele überlegen in die 50er zurückzukehren und irgendwer bietet ihnen dazu die Möglichkeit. Auf ein Extrem folgt meist das andere Extrem. Warum nicht jeder aus Saudi-Arabien, dem Iran oder China automatisch Anspruch auf Asyl hat erklärt mir keiner. Nehmen wir sie also alle auf. Bis der FN in Frankreich 75% bekommt und bei uns die AfD 80%. Dann werden unsere Homos Asyl in Afrika beantragen müssen. Mal sehen ob sie es bekommen.

    • H
      Hans
      @An der Bevölkerung vorbei:

      „Wenn Schwule heiraten dürfen, wird der Bund der heiligen Ehe entweiht! Kulturkreise werden zusammenbrechen, Flüsse aus Blut werden durchs Land fließen, die Nazis werden wieder auf Dinosauriern durch die Gegend reiten.“ -Prinzessin Clara

  • M
    Mfischer

    Ist "Homos" jetzt die neue offizielle Bezeichnung? Dann lieber doch bei "Schwule" bleiben. Oder eben bei "Homosexuellen". Danke!

  • G
    Gastname

    Superb, dann kann ja ab sofort jeder Asylant einen Grund anführen. So kann man das Asylrecht auch ad absurdum führen.

    Bleibt nur noch die Frage, ob die Eurokarten absichtlich diesen Kontinent vernichten wollen, ob er es nur pure Dummheit ist.

    • H
      Hans
      @Gastname:

      Oh ja, ich sehe die Apokalypse schon kommen...

  • H
    Honk

    Nützt ja nix, wenn die Leute von Frontex zurückgeschickt werden, bevor sie überhaupt Asyl beantragen können. Und wie ich deutsche Behörden kenne werden sie sich irgendwelche umenschlichen Methoden ausdenken, um die Sexualität der Leute zu prüfen, wenn sie es bis hierhin schaffen.

  • Das ist doch DIE LÖSUNG für Snowden?!

    • H
      Hans
      @Anton Pree:

      Unsachlicher Kommentar.