Unterstützung für die Ukraine: Emanzipation sieht anders aus
Aus der im März ausgerufenen „Koalition der Willigen“ ist nichts geworden. Europa ist weder geeint, noch möchte es sich von den USA unabhängig machen.
E uropa als Ganzes war schon lange nicht mehr so stark und geeint“, behauptete der britische Premier Keir Starmer stolz, als er Anfang März die sogenannte Koalition der Willigen verkündete. Über 30 Regierungs- und Staatschefs hatten damals versucht, ein imposantes Gegengewicht zur Unterstützung der USA bei einem möglichen Frieden in der Ukraine zu organisieren.
Am Donnerstag findet nun ein weiteres Treffen der Verteidigungsminister des Bündnisses statt – handfeste Zugeständnisse werden weiterhin nicht erwartet. Es wird klar: Europa ist weder stark noch geeint und vor allem – zu spät dran. Der Vorstoß des französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach dem Telefonat von US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin hätte Grund genug sein müssen, Europa zu alarmieren. Spätestens die Rede von Vizepräsident J. D. Vance hat Europa dann zusammenzucken lassen. Doch seither blieb es bei medienwirksamen Treffen ohne klare Konsequenzen.
Frankreich und Großbritannien sind bislang die einzigen Länder, die zugesagt haben, Soldat*innen für eine Rückversicherungstruppe im Falle eines zukünftigen Friedens in der Ukraine bereitzustellen. Ein frustrierendes Ergebnis – bei mehr als 30 Bündnispartnern.
Falsches Signal aus Brüssel
Die angestrebte Unabhängigkeit von den USA scheint in weiter Ferne. In Paris und London hofft man weiterhin auf Rückendeckung aus Washington für die eigenen Truppen. Den Schutz der Luftwaffe und Warnungen der Geheimdienste möchte man nicht missen.
Dass das Treffen nun in Brüssel bei der Nato stattfindet, schließt den Kreis – und sendet das falsche Signal an die USA, auch wenn diese nicht Teil des europäischen Bündnisses sind. Wollte man doch eigentlich seinen eigenen Klub etablieren.

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Auch Deutschland hält weiter Abstand davon: Der frisch vorgestellte Koalitionsvertrag ist ganz im Sinne des Transatlantikers und künftigen Bundeskanzlers Friedrich Merz. Man wolle die EU-Nato-Zusammenarbeit stärken und die Beziehungen zu den USA blieben „von überragender Bedeutung“. Emanzipation sieht anders aus.
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