piwik no script img

Untergang der „Sewol“Kapitän war nicht auf der Brücke

Zum Zeitpunkt des Untergangs war nicht der Kapitän am Steuer, sondern die dritte Offizierin. Der Vize-Direktor der betroffenen Schule ist erhängt aufgefunden worden.

Rettungsteams am Wrack der „Sewol“ Bild: dpa

SOUL dpa/afp | Die havarierte südkoreanische Fähre „Sewol“ ist zum Unglückszeitpunkt nicht vom Kapitän, sondern von der dritten Offizierin gesteuert worden. Der Kapitän habe die Schiffsführung an die 26-jährige Offizierin mit nur wenig Erfahrung abgegeben, bevor das Schiff zu sinken begann, teilte ein Ermittlerteam aus Staatsanwaltschaft und Polizei am Freitag mit.

Wo sich Kapitän Lee Jun Seok zum Unglückszeitpunkt aufhielt, blieb zunächst offen. Die südkoreanische Staatsanwaltschaft hat bei einem Gericht Haftbefehl gegen Lee beantragt. Wie die Staatsanwälte am Freitag mitteilten, wollen sie auch Haftbefehle für zwei andere Besatzungsmitglieder des gesunkenen Schiffs erwirken.

Wie es am Mittwoch zu dem Unglück vor der Südwestküste Südkoreas kommen konnte, ist weiter ungeklärt. Die Ermittlungen konzentrieren sich jedoch inzwischen auf eine scharfe Wende, die das Schiff machte, bevor es in Schlagseite geriet. Zudem wird untersucht, ob eine frühere Evakuierungsanordnung des Kapitäns Leben hätte retten können.

Am Wrack der „Sewol“ suchten die Rettungsmannschaften weiter nach Überlebenden. Mehr als 250 Menschen werden vermisst. Tauchern gelang es nach Angaben der Behörden, in den Frachtraum im zweiten Unterdeck vorzudringen. Angehörige hoffen nach wie vor, dass Überlebende gefunden werden können. Es wird befürchtet, dass im Rumpf der mehrstöckigen Fähre ein Großteil der ursprünglich mehr als 470 Passagiere eingeschlossen wurde.

Selbstmord nach der Rettung

Ein von der Fähre geretteter Lehrer ist auf der Insel Jindo an einem Baum hängend aufgefunden worden. Der 52-jährige Kang Min Kyu war Vize-Direktor der Oberschule in Ansan, von der hunderte Schüler auf der gekenterten „Sewol“ waren. Der Pädagoge war unmittelbar nach dem Unglück gerettet worden.

„Die genaue Todesursache muss noch ermittelt werden“, sagte ein Polizeisprecher über den Vize-Schuldirektor. Laut Yonhap hing die Leiche an einem Baum in der Nähe des Schulgebäudes auf der Insel Jindo, in dem die Überlebenden des Unglücks untergebracht wurden. Insgesamt waren 352 Schüler der Oberschule in Ansan an Bord des Schiffes.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!