Unterbrechung NSU-Prozess in München: Wenig Aussicht auf Erfolg
Bis Freitagnacht hat Beate Zschäpe Zeit, ihr Misstrauen gegen ihre Antwälte zu begründen. Das Gericht aber plant bereits den Fortgang des NSU-Prozesses.
Bis zum Ablauf des Freitags hat Beate Zschäpe Zeit, die plötzliche Ablehnung ihrer Pflichtverteidiger im NSU-Prozess zu begründen. Die Stellungnahme lag dem Oberlandesgericht München bis zum späten Nachmittag nicht vor. Bisher sei nichts eingegangen, sagte eine Gerichtssprecherin.
Bevor die Öffentlichkeit informiert werde, müsse die Begründung zudem den Verfahrensbeteiligten weitergeleitet werden. Zschäpes Anwälte sollen dazu am Wochenende Stellung nehmen. "Mit weiteren Informationen", so die Sprecherin, "ist daher voraussichtlich nicht vor Montagmittag zu rechnen."
Schon jetzt aber gibt es Anzeichen, dass der leitende Senat das Ansinnen Zschäpes für wenig stichhaltig hält. Er plant für den kommenden Dienstag bereits das normale Prozessprogramm, lud vier Zeugen vor. Befragt werden sollen ein Polizeibeamter, ein Richter und zwei Urlaubsbekanntschaften des Neonazi-Trios. Am gleichen Tag wird auch eine Entscheidung des Senats erwartet, ob Zschäpe ihre drei Anwälte austauschen darf.
Die Bundesanwaltschaft hatte bereits betont, dass Anträge, Pflichtverteidiger von ihrem Mandat zu entbinden, nur „sehr selten“ Erfolg hätten.
Zschäpes Verteidiger schweigen bisher zu dem Zerwürfnis. Einer, Wolfgang Stahl, lehnte eine Stellungnahme ab, da es um „den Kern des Verteidigungs- beziehungsweise Mandatsverhältnisses“ gehe und die „Beziehung zwischen Mandant und Verteidiger vertraulich ist“.
Zschäpe hatte am Mittwoch nach 14 Monaten Verhandlung überraschend mitgeteilt, kein Vertrauen mehr in ihre Anwälte zu haben. Ursprünglich sollte sie die Gründe dafür bereits bis Donnerstagmittag schriftlich einreichen. Sie bat aber um Aufschub – und bekam diesen bis Freitagnacht gewährt. Bei der Ausarbeitung ihres Antrags bekommt sie laut Gericht keinen juristischen Beistand vom Senat gestellt.
Zschäpe wird die Mittäterschaft an zehn Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ vorgeworfen, sowie an zwei Sprengstoffanschlägen und 14 Banküberfällen. Zudem soll sie das letzte Versteck der Terroristen, eine Wohnung in Zwickau, in Brand gesetzt haben.
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