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„Unteilbar“-Demo in BerlinKilometerweit ungeteilt

Es sind wohl 150.000 Teilnehmer*innen und die Stimmung ist gut: Erste Eindrücke von der „Unteilbar“-Demonstration.

Berlin, Leipziger Straße: „Unteilbar“-Demonstrant*innen Foto: dpa

Berlin taz | Um 15 Uhr am Samstagmittag war die Demospitze bereits auf der Straße des 17. Juni – das Ende noch am vier Kilometer weiter östlich liegenden Alexanderplatz. Die VeranstalterInnen hatten 40.000 Menschen erwartet, um 14.50 Uhr schätzten sie die Zahl der TeilnehmerInnen der „Unteilbar“-Demo gegen den Rechtsruck auf „mindestens 150.000“. Andere Beobachter sprachen von etwa 100.000, genau sagen kann es niemand.

18 RednerInnen hatten die DemonstrantInnen ab 12 Uhr am Alexanderplatz begrüsst, unter ihnen SprecherInnen des DGB, von Amnesty International, der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, dem Zentralrat der Muslime oder streikende Ryanair-Beschäftigte. GebärdensprachdolmetscherInnen übersetzten von der Bühne. Das Bündnis hatte Wert darauf gelegt, nicht nur Migration und Rassismus, sondern soziale Fragen und Grundrechte zu thematisieren.

„Eine offene Gesellschaft wird uns nicht geschenkt“, sagte Anja Nordmann vom Deutschen Frauenrat. Weltweit sei „die Rückkehr eines überwunden geglaubten Patriarchats“ zu beobachten.

Urich Schneider vom Paritätischen wandte sich gegen eine nationalistische Sozialpolitik, wie sie von RechtspopulistInnen teils propagiert wird. „Alle Menschen haben den gleichen Anspruch auf Unterstützung“, sagte er. „Worauf die Rassistinnen abzielen, ist nicht nur Ausgrenzung, sondern eine Gesellschaft, die unfrei ist, in der man nicht mehr atmen kann.“

"Unteilbar"-Livestream

Unsere Reporter berichten auch in einem Livestream von der "Unteilbar"Demonstration in Berlin. Hier geht's lang.

Bei „Unteilbar“ handelt es sich um ein breites Bündnis aus tausenden Vereinen, Verbänden und Organisationen. Dem Bündnis schlossen sich etliche kirchliche Organisationen, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Parteien an. Unter anderem die SPD und Pro Asyl hatten zur Teilnahme an der Veranstaltung aufgerufen.

Absolut familientauglich

Das Bündnis war kritisiert worden, weil auch Gruppen den Aufruf unterzeichnet hatten, die in Verbindung zum Islamismus stehen, etwa der deutsche Ableger der Muslimbruderschaft. Lala Süsskind, vom Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus, sprach dies offen an. „Auf diesem Platz stehen heute auch Menschen, die offen zum Boykott Israels aufrufen. Wie gehen wir damit um?“

Foto: Infotext Berlin

Der Antisemitismus, sagte Süskind, „vereint heute viele Gegner der Demokratie“. Juden würden heute in Deutschland auch „von denen angegriffen, angespuckt und beleidigt, die selbst von Rassisten angegriffen, angespuckt und beleidigt werden.“ Wer sich gegen Rassismus wende, müsse sich gleichermaßen gegen Antisemitismus aussprechen.

Auf der nördlichen Seite des Alexanderplatzes sammeln sich derweil die Wägen, dazwischen Tausende Menschen, Flaggen, Transparente, Luftballons. Die Demo ist absolut familientauglich: Viele tragen Babys und Kinder auf ihren Schultern oder vor der Brust. „Wir sind zu siebt hier“, sagt Markus Braukmüller, der mit seiner Familie heute morgen aus der Nähe von Leipzig angereist ist. Seine beiden Kinder sind dabei, seine Schwester und seine Mutter. „Wir wollen vor allem zeigen, dass die AfD es nicht schaffen wird, die Gesellschaft zu spalten“, sagt der 47-Jährige.

Vom Außenminister unterstützt

Amnesty International bereitet seinen Wagen vor, mehrere Parteien und Gewerkschaften, die Berliner bezirke Marzahn-Hellersorf und Friedrichshain-Kreuzberg haben Transparente, genau wie die Kulturschaffenden vom Bündnis Die Vielen, deren goldene Rettungsdecken in der Sonne glitzern. Die Redebeiträge machen sich gegenseitig Konkurrenz – eine Rednerin spricht über Antifeminismus, ein anderer über den Mietenmarkt. Dazwischen übertragen viele die Beiträge der großen Bühne. Das Internet ist längst zusammen gebrochen. Die Polizei gab am am Mittag an, mit 900 Beamtinnen im Einsatz zu sein.

Im Laufe des Nachmittags soll der Zug durch die Berliner Innenstadt bis zur Siegessäule ziehen. Auf der Abschlusskundgebung werden unter anderem Herbert Grönemeyer, Dirk von Lowtzow und Konstantin Wecker auftreten. Überraschend hatte auch Außenminister Heiko Maas (SPD) seine Unterstützung für die Demo bekundet.

Der SPD-Politiker nannte es ein großartiges Signal, dass am Samstag so viele auf die Straße gehen. „Wir lassen uns nicht spalten – von rechten Populisten schon gar nicht“, sagte Maas den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er betonte, die Mehrheit in Deutschland stehe für Toleranz und Weltoffenheit. Neuer Nationalismus löse kein einziges Problem.

Der Beitrag wurde zuletzt um 15 Uhr aktualisiert.

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5 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Was haben dort SPD- Promis zu suchen? Beim Lesen des Statements von Herrn Maas und seinen Versuchen der Vereinnahmung wird meine ganze Ambivalenz gegenüber # Unteilbar deutlich.

    Da ich mich darum bemühe, das Positive in den Vordergrund zu stellen: über die 150.000 freue ich mich unbändig. Sie zeigen - trotz einzelner Kritikpunkte - dass das andere Deutschland noch lebt. Möge dieser Geist bis ins Bayernland wehen und den Parteien dort morgen als Gegenwind ins Gesicht blasen.

  • Steuerung öffentlicher Debatte

    Na, das klappt ja wunderbar. Da wird kurzfristig ein Bündnis ins Leben gerufen, das die öffentliche, eh schon über Monate einseitige politische Debatte weiterhin in die gleiche Richtung treibt, nämlich vorbei an den an den durch unsere Regierung verursachten Problemen wie Wohnungsknappheit, Waffenexporte inkl. Kriegstreiberei, Unterstützung krimineller Industrie-und Finanzzweige, Vernachlässigung der Sozial-und Bildungsressorts, Unterstützung umweltzerstörender Industrie...etc. - und der teutsche Michel hat nichts besseres zu tun, als zu Tausenden gegen eine medial lancierte Spaltung auf die Strasse zu gehen - so wirkt Massenindoktrination!

    @Jakob von der Recherche: Was hat die 150000 oben im Header zu suchen - waren Sie vorort und haben die Menschen gezählt?

    @taz #aufwachen

    Malzeit

    • @Ernst Lage:

      Als ob der Rechtsruck kein relevantes Thema sei und Rassismus nicht reale Konsequenzen für Millionen Menschen in Deutschland hätte. Abgesehen davon, dass zig weitere Themen auf der Demo präsent waren. Darunter alle von ihnen genannten

    • @Ernst Lage:

      Naja, immerhin hat man noch, ich beziehe mich auf den vorliegenden Artikel, soziale Themen in den Demo-Kanon aufgenommen :-).

  • Vielleicht weil es auch politische Positionen gibt, die u.a. antisemitisch motiviert sind.

    Nur, falls das keine rhetorische Frage war.