Unrentables Pumpspeicherwerk: Speicherfehler wegen Energiewende
ln der Nähe von Dresden soll ein Pumpspeicherkraftwerk vom Netz gehen. Wind- und Sonnenstrom benötigen es als Puffer, machen es aber unrentabel.
DRESDEN taz | Auf den ersten Blick erscheinen nicht nur den Dresdnern die Vattenfall-Pläne völlig widersinnig. Voraussichtlich 2013 will der Konzern das Pumpspeicherwerk Niederwartha endgültig stilllegen – obwohl für den ungleichmäßig anfallenden Wind- und Solarstrom dringend Zwischenspeicher benötigt werden. 2013 soll eine endgültige Entscheidung fallen.
Woanders wird dagegen investiert: In Thüringen betreibt Vattenfall seit 2004 mit dem PSW Goldisthal das größte Wasserkraftwerk Deutschlands. Der Aachener Stadtwerke-Verbund Trianel will im Thüringer Wald, in der Eifel und in Ostwestfalen Pumpspeicherwerke bauen, EnBW plant eines im Schwarzwald. Vor Ort gibt es allerdings oft Protest, wegen der Auswirkungen auf die lokale Umwelt.
Das Kraftwerk Niederwartha ist technologisch veraltet. Mit ursprünglich 120 Megawatt Leistung ist es die Energiereserve von Dresden und, 1930 in Betrieb genommen, eines der ältesten Pumpspeicher in Deutschland. Auf Verschleiß gefahren, laufen derzeit nur noch zwei der sechs Turbinen.
Auf rund 200 Millionen Euro schätzen Dresdner Vattenfall-Ingenieure den Investitionsbedarf, der fast einem Neubau gleichkäme. Dresden dachte 2011 über einen Kauf von Niederwartha nach. „In Zeiten der Energiewende sehr interessant“, sagte damals Dresdens Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann. Doch im Mai 2012 begrub die EnergieVerbund Dresden GmbH endgültig alle derartigen Absichten.
Ungeeignet für kurzzeitige Bedarfsschwankungen
Das ältere Kraftwerk ist nicht in der Lage, bei den heute typischen, kurzzeitigen Bedarfsschwankungen schnell vom Pumpbetrieb, bei dem Strom gespeichert wird, auf Generatorbetrieb umzuschalten, bei dem Strom erzeugt wird. Früher war die Sache simpler: Nachts wurde nicht benötigter Atomstrom ins Speicherbecken gepumpt und später mit dem ins Talbecken fließenden Wasser Strom erzeugt.
Dresden und Vattenfall schrecken aber nicht nur die hohen Modernisierungskosten. Sie fühlen sich auch durch das im Dezember novellierte Energiewirtschaftsgesetz benachteiligt. Für den Pumpspeicher müssen sie weiterhin Gebühren für die Stromnetze zahlen. Die sogenannten Netznutzungsentgelte steigen zum Jahresbeginn 2013 um bis zu 40 Prozent. Niederwartha rechnet sich nicht mehr.
Somit tritt der paradoxe Fall ein, dass die Energiewende die eigentlich für sie unverzichtbaren Pumpspeicherwerke ausbremst. Deren Wichtigkeit ist nicht zu unterschätzen. Man sei im März 2012 „ziemlich knapp an einem Blackout vorbeigeschrammt, der mit Hilfe der PSW Goldisthal und Markersbach im Erzgebirge verhindert werden konnte“, sagt ein Vattenfall-Sprecher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden