Uno-Resolution zum Srebrenica-Massaker: Milorad Dodik leugnet Genozid
In der Teilrepublik Srpska gibt es Proteste gegen einen UNO-Resolutionsentwurf zum Massaker von 1995. Präsident Dodik nennt den Entwurf „inakzeptabel“.
Unter Führung des Generals Ratko Mladić hatten im Juli 1995 bosnische Serben die Stadt, damals eine UN-Schutzzone – erobert, über 8.000 Männer und Jungen ab 13 Jahre verschleppt und ermordet. Die Taten seien ein „Fehler“ gewesen, so Dodik. Aber entschieden erklärte er auch: „Es war kein Völkermord.“
Doch die Gegner einer UN-Resolution zu Srebrenica, die Anfang Mai auf Betreiben Deutschlands und Ruandas von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet werden soll, sind in der Minderheit. Dem eingebrachten Resolutionsentwurf zufolge soll vom nächsten Jahr an, zum 30. Jahrestag des Massakers, der 11. Juli zum „Internationalen Tag des Gedenkens an den Völkermord von Srebrenica“ erklärt werden. Dies würde bedeuten, dass in allen Ländern an diesen Tag an den „Genozid in Srebrenica“ erinnert werden soll.
Autokraten weltweit gegen Resolution
Eine Horrorvorstellung für die serbischen Nationalisten. Russland, China, Venezuela, Nordkorea, Nicaragua und wahrscheinlich noch andere Autokratien werden nach bisherigen Informationen gegen diese Resolution stimmen. Die Mehrheit der Staaten der Welt jedoch ist dafür – es könnte also für eine Zweidrittelmehrheit reichen. Und das wäre für die Opfer des Bosnienkrieges und alle Menschenrechtsorganisationen eine Genugtuung.
Im Sommer 1995 waren die sterblichen Überreste der Ermordeten in Massengräbern verscharrt und später umgebettet, um Beweise für die Gräueltaten zu vertuschen. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag bezeichnete diese Taten als Völkermord, der erste in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Auch Kommandeure des bosnisch-serbischen und serbischen Militärs sowie Politiker sind von den UN-Richtern in Den Haag des Völkermords für schuldig befunden worden.
Dass ein solcher Massenmord ohne Planung und Vorbereitung durchgeführt werden könnte, erschien den Richtern als unwahrscheinlich. So wurden die Fesseln und Handschellen, die den Zivilisten vor ihrer Erschießung angelegt worden waren, schon Wochen vorher organisiert, Massengräber bereits vor dem Verbrechen ausgehoben worden.
Serben wehren sich gegen angebliche Brandmarkung
Bosnischen Serben und das benachbarte Serbien lehnen den Entwurf der Resolution und alle Anschuldigungen entschieden ab. Sie kritisieren, dass sie darin als „völkermordende Nation“ gebrandmarkt werden. Serbenführer Milorad Dodik erklärte erneut, dass sich die bosnischen Serben, die etwa die Hälfte Bosniens kontrollieren, vom Rest des Landes abspalten würden, sollte die UN-Vollversammlung die Srebrenica-Resolution verabschieden.
Vor allem aber drohte er, am Tage der Diskussion in der Weltorganisation würden Zehntausende Serben zum Denkmal und dem Gräberfeld in Srebrenica kommen. Man kann sich vorstellen, was dann aufgehetzte Leute anrichten können. Ein Redner erklärte denn auch, er wolle sich niemals einer Welt beugen, in der Schwule und „Päderasten“ das Sagen hätten.
Doch ob die Drohung einer Abspaltung noch zieht, ist wenig wahrscheinlich. Zu klar ist geworden, dass es dem serbisch-bosnischen Präsidenten Milorad Dodik vor allem darum geht, den Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina und die internationalen Institutionen zu zwingen, den Staatsbesitz an die serbische Teilrepublik abzugeben. Denn der Putin-Freund Dodik und sein Teilstaat, die Republika Srpska, sind eigentlich bankrott.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“