piwik no script img

Union vertagt Abstimmung im BundesratDüngereform erst nach der Wahl

Die grün mitregierten Länder forderten strengere Dünge-Regeln für „Massentierhalter“, um Wasser zu schützen. Nun wurde die Entscheidung verschoben.

Zu viel Gülle kann dem Grundwasser schaden: Ein Landwirt düngt ein Feld in Niedersachsen Foto: dpa

Berlin taz | Der Bundesrat hat die Abstimmung über das Kernstück des neuen Düngerechts verschoben. Die Länderkammer nahm die Entscheidung über die Stoffstrombilanz-Verordnung kurzfristig von der Tagesordnung ihrer Sitzung am Freitag.

Den Antrag stellte nach Angaben des Agrarministeriums in Schwerin Mecklenburg-Vorpommern, das von SPD und CDU regiert wird. Offenbar wollte das Land so verhindern, dass die von Grünen initiierten Änderungsanträge eine Mehrheit bekommen. Nun soll die Entscheidung im November fallen – nach der Wahl für den Bundestag und den Landtag in Niedersachsen.

Der niedersächsische Agrarminister Christian Meyer (Grüne) hatte kritisiert, Bundesminister Christian Schmidt (CSU) wolle mit der Verordnung großen Schweine- und Geflügelmast-Betrieben erlauben, die Umwelt noch stärker als bislang mit Stickstoffverbindungen aus den Ausscheidungen ihrer Tiere zu belasten. Das wäre „fatal fürs Wasser“, sagte Meyer der taz.

Denn wenn Bauern ihre Pflanzen zu stark düngen, gelangt der Überschuss zum Beispiel ins Grundwasser, aus dem das meiste Trinkwasser gewonnen wird. Ist die Konzentration der Stickstoffverbindung Nitrat zu hoch, kann das der Gesundheit schaden. Außerdem trägt zu viel Nitrat in Flüssen, Seen und Meeren dazu bei, dass Pflanzen- und Tierarten aussterben. Die EU-Kommission hat Deutschland bereits verklagt, weil es zu wenig gegen die Nitratbelastung tue. Das könnte hohe Strafzahlungen zur Folge haben.

„Gegen Schlupflöcher für große Biogasanlagen“

Deswegen haben Bund und Länder ein neues Düngegesetz verabschiedet, das von bis zu 28.000 Bauern ab 1. Januar 2018 eine Stoffstrombilanz verlangt. Darin müssen sie auflisten, wie viel Stickstoffüberschüsse sie produzieren. Später soll es dann sogar Bußgelder geben, wenn zu viel in die Umwelt entweicht.

Die Grünen stören sich aber an den Details der Berechnung, die die Stoffstrombilanzverordnung von Bundesminister Schmidt festlegen soll. „Wir wollen eine ehrliche einfache Bilanz ohne Schlupflöcher etwa für große Biogasanlagen“, sagte Meyer am Freitag. Der Bundesminister habe hingegen „ein bürokratisches Monstrum mit zahllosen Ausnahmen und Schönrechnerei von großen Massentierhaltungen vorgelegt.“

Nach Auswertungen der rot-grünen Landesregierung wären mit dem Entwurf des Bundes große Schweine- und Geflügelställe rechnerisch begünstigt worden, während viele kleine und Biobetriebe sowie die Kompostwirtschaft „mit hohen Auflagen überzogen worden wären“. „Wir warten jetzt auf ein neues Angebot vom Bund“, sagte Meyer der taz. Es müsse nun „ernsthafte Verhandlungen geben.“

Bundesminister Schmidt dagegen erklärte, die Grünen seien „mit dem Versuch gescheitert, zu Lasten unserer Landwirte die Stoffstrombilanzverordnung zu verhindern. Ich empfehle Herrn Meyer: Keine Wahlkampfmanöver auf dem Rücken unserer Landwirte.“ Er habe einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der das Ergebnis intensiver Erörterungen sei, auch mit den Ländern. Die Änderungsanträge der Länder hätten die Verordnung so verändert, dass er das Regelwerk nicht mehr hätte verkünden dürfen, so der CSU-Politiker.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Wir haben die Wahl! 23. Sept. Heute!

    Das muss der Souverän, der Wähler, also immer ich, mich prüfen, was will ich und was soll mein Vertreter, der Beste den alle gewählt haben, für mich tun damit wir alle keinen "Schiffbruch" erleiden. Heute habe ich im Guardian einen solchen Schiffbruch (Wreckage) beschrieben gefunden. Da er aktuell uns alle betrifft, empfehle ich hier zu lesen:

    Who’s the world’s leading eco-vandal? It’s Angela Merkel

    Ignore her reputation for supporting green initiatives. The German chancellor’s record on environmental policy has been a disaster.

    George Monbiot - Out of the Wreckage

    George Monbiot is the author of the bestselling books Feral: rewilding the land, sea and human life, The Age of Consent: A Manifesto for a New World Order and Captive State: The Corporate Takeover of Britain, as well as the investigative travel books Poisoned Arrows, Amazon Watershed and No Man's Land. His latest book is Out of the Wreckage: a New Politics for an Age of Crisis

    What does the good life-and the good society-look like in the twenty-first century?

    A toxic ideology rules the world - of extreme competition and individualism. It misrepresents human nature, destroying hope and common purpose. Only a positive vision can replace it, a new story that re-engages people in politics and lights a path to a better world. George Monbiot shows how new findings in psychology, neuroscience and evolutionary biology cast human nature in a radically different light: as the supreme altruists and cooperators. He shows how we can build on these findings to create a new politics: a `politics of belonging'. Both democracy and economic life can be radically reorganized from the bottom up, enabling us to take back control and overthrow the forces that have thwarted our ambitions for a better society. Urgent, and passionate, Out of the Wreckage provides the hope and clarity required to change the world.

    Heute m Sonntag, regieren wir uns selbst! Good luck better a good choice.

  • Macht Sinn, das nach der Wahl zu regeln. Vor der Wahl kann die CDU als selbsternannte Schutzpatrone der Landwirtschaft keine Entscheidungen treffen, die von vielen Landwirten abgelehnt werden. Nach der Wahl in Niedersachsen ist das möglich.

     

    Und dann wird hoffentlich ein für die Umwelt und insbesondere für unser Trinkwasser vernünftiges Gesetz ausgehandelt werden.