piwik no script img

Union einigt sich auf AsylverschärfungZerstörte Arbeitsgrundlage

Indem Merkel Horst Seehofer nachgibt, sichert sie vorerst die Macht ihrer Partei. Lange gut gehen dürfte das aber nicht.

Wie lange das hält? Merkel mit Seehofer (Archivbild) Foto: ap

BERLIN taz | Seehofer sei ein Innenminister auf Abruf. Das sagt Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch am Dienstagmorgen im ZDF. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hingegen spricht lieber von einer „sachlichen Lösung, der sich auch die Sozialdemokraten anschließen können“.

Die Rede ist von dem gemeinsamen asylpolitischem Papier, das CDU und CSU in der Nacht in Berlin vorgestellt haben. Vorausgegangen waren heftige Zerwürfnisse innerhalb der Union. Vor allem Horst Seehofer hatte eskaliert, die Kanzlerin beleidigt und auch mit Rücktritt gedroht.

Dazu kommt es nun nicht. Leider, möchte man sagen. Denn die Arbeitsgrundlage zwischen ihm und Angela Merkel dürfte nachhaltig zerstört sein. Mit ihrem Nachgeben in der Asylfrage hat die Kanzlerin der CSU und nicht zuletzt sich selbst und ihrer Partei die Macht gesichert. Lange gut gehen dürfte das aber nicht. Allein dass die beiden Parteichefs Montagnacht getrennt voneinander das Verhandlungsergebnis präsentiert haben, spricht Bände. Und Seehofers selbstbezogene Formulierung, dass ihm die Einigung es erlaube, Innenminister zu bleiben, zeigt, wie wenig dem Bayern es tatsächlich um Inhalte geht.

Die sind in drei Punkten festgehalten. Die Rede ist erstens von einem „neuen Grenzregime“ mit Österreich, das Asylbewerber an der Einreise nach Deutschland hindern soll. Zweitens will Deutschland „Transitzentren“ an seinen Grenzen errichten, aus denen direkt abgeschoben werden kann. Die Unterhändler haben hier die Formulierung „Zurückweisung aufgrund einer Fiktion der Nichteinreise“ gewählt.

Asylpolitischer Catch 22

Das heißt im Grunde: Wir tun mal solange so, als seien sie nicht im Land, bis wir sie wieder los sind. Drittens will die Bundesregierung vereinbaren, dass Österreich alle Asylbewerber in jene Länder zurückschickt, die sich weigern, mit Deutschland ein Rücknahmeabkommen abzuschließen.

Diesen asylpolitischen Catch 22 haben CDU und CSU gestern der SPD im Koalitionsausschuss vorgelegt. Nachts vor dem Kanzleramt sagte Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles, es gebe noch zahlreiche Fragen. An diesem Dienstagmorgen findet im Bundestag weitere Fraktionssitzungen statt, am Abend soll sich erneut der Koalitionsausschuss treffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!