Uni-Präsident auf Kuschelkurs: „Brauchen mehr Budget“
Obwohl es nicht mehr Geld gibt, hält sich Hamburgs Uni-Präsident Lenzen mit Kritik zurück. Er will der Senatorin eine Chance geben, hofft aber auf mehr Budget in 2019.
taz: Herr Lenzen, Sie sagen, Ihre Uni sei top und unter den zehn besten deutschen Universitäten. Ich dachte, die Uni Hamburg beteiligt sich nicht an Rankings?
Dieter Lenzen: Das tut sie auch nicht, da die Qualität von Universitäten in solchen Einzel-Rankings schwer messen lässt. Mal wird die Forschung verglichen, mal die Lehre. Bei dem Wert handelt es sich um ein Meta-Ranking, für das eine kumulative Berechnung aller Plätze in unterschiedlichsten Rankings vorgenommen wurde. Als ich hier 2010 anfing, stand die Universität Hamburg auf Platz 16 von hundert Hochschulen, heute ist es Platz 9.
Sie haben stets die Unterfinanzierung beklagt. Trotzdem ziehen Sie nach sechs Jahren als Uni-Präsident nun eine reine Erfolgsbilanz. Es gibt mehr Forschung, mehr Professuren, mehr Absolventen. Wie passt das zusammen?
Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Finanzierungsdifferenz der norddeutschen Universitäten gegenüber den süddeutschen bis zu 25 Prozent ausmacht. Die Ludwig-Maximilians-Universität in München kann sich beim nächsten Exzellenzwettbewerb des Bundes 2018 gleich mit vier Physik-Clustern bewerben. Wir nur mit zwei. Wir haben weniger Geld für die Forschung, für die Lehre. Aber trotzdem haben wir mehr Drittmittel eingeholt und die Leistung steigern können. Das ist Ergebnis von Engagement, Fleiß und Ideenreichtum. Es hat ein Personalwechsel stattgefunden. Wir berufen weniger Professoren, weil der Generationenwechsel langsam abschließt.
Aber seit Rot-Grün regiert, halten Sie sich mit Kritik zurück. Warum dieser Kuschelkurs? Es gibt doch weiter nur den nicht-ausreichenden Budget-Anstieg von 0,88 Prozent im Jahr.
Wir haben die finanzielle Situation angesprochen. Und auch der Wissenschaftsrat hat dies ja festgestellt. Wir brauchen eine jährliche Budget-Erhöhung von drei bis fünf Prozent. Aber Unterfinanzierung verbessert sich nicht dadurch, dass man das ständig wiederholt. Wir wollen der immer noch recht neuen Grünen-Senatorin Katharina Fegebank die Chance geben, beim großen Koalitionspartner dafür zu werben, die Grundfinanzierung zu erhöhen.
Und, hat das Erfolg?
Wir wollen gemeinsam in Berlin mit Blick auf den Exzellenzwettbewerb für Hamburg werben. Spätestens 2018 wird sich entscheiden, welche Stadt als Standort eine Ko-Finanzierung für die Exzellenz-Forschung bekommt. Das ist für Hamburg hier die letzte Chance.
68, ist seit März 2010 Präsident der Universität Hamburg und wurde im Januar 2015 vorzeitig für eine zweite Amtszeit bis 2022 bestätigt. Zuvor stand der Erziehungswissenschaftler sechs Jahre lang als Präsident an der Spitze der Freien Universität Berlin, die unter seiner Führung Exzellenz-Uni wurde.
Aber wie sieht es mit der Landesfinanzierung aus. Gibt es im Haushalt 2017/18 mehr als die 0,88 Prozent Steigerung?
Für den Doppelhaushalt 2017/18 erreichen wir das nicht mehr. Aber für 2019/20 werden wir die Hochschulverträge neu verhandeln. Das steht fest.
Zu Ihren Erfolgsmeldungen gehören auch um 27 Prozent gestiegene Absolventenzahlen. Gibt es das Problem des Studienabbruchs nicht mehr?
Es gibt Studienabbrüche nicht im Ausmaß früherer Zeiten, aber auch hier müssen wir noch mehr tun. Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, warum jemand bei uns nicht weiter studiert. Sei es, dass derjenige das Fach wechselt, die Universität, oder eine ganz andere Ausbildung beginnt. Wir haben dazu eine Untersuchung laufen, von der wir hoffen, dass sie 2017 vorliegt.
Aber Sie haben mehr Absolventen. 2010 haben 5.756 Studenten ihren Abschluss gemacht, 2015 schon 7.329. Der Bachelor-Abschluss nach sechs Semestern scheint für viele realistischer als das alte Diplom. Hat sich die Bolonga-Reform bewährt?
Ich habe da Zweifel. Die Erwartung, dass das Studium schneller wird, erfüllt sich nicht. Denn mit dem Bachelor-Abschluss wird ein Absolvent nicht in den höheren Dienst eingestellt. Dafür braucht man den anschließenden Master-Abschluss. Der Staat hat einen Abschluss geschaffen, den er selber nicht anerkennt.
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