Ungarns Premier beim 1. FC Union: Ein ganz privater Staatsbesuch
Victor Orbán besucht Union Berlin. Und was tut der Verein? Statt ein klares Zeichen gegen den Rechtsradikalen zu setzen, schaute er tatenlos zu.
J a, da schau her: Eine riesige Wagenkolonne, eskortiert von etlichen Polizeimotorrädern, fuhr am Dienstag um die Mittagszeit draußen im Südosten Berlins am Stadion an der Alten Försterei vor. Viktor Orbán, Ungarns Premierminister, entstieg einer gepanzerten Karosse und betrat das Tribünengebäude der Heimstätte des 1. FC Union Berlin. Ein Staatsbesuch bei dem Verein, der sich so gerne als drollige Ossitruppe präsentiert? Eine Stippvisite beim Tabellenführer mit dem vermeintlichen Kultklubcharme?
Nein, nein, wurde schnell klargestellt. Es war ein privater Besuch. Orbán wollte sich mit András Schäfer, dem ungarischen Nationalspieler in Diensten von Union Berlin, treffen, ließ der Verein verlauten. Einfach so. Der Besuch war dann so privat, dass bald alle Welt davon erfahren hat. Orbán postete ein Bild auf Instagram, auf dem zu sehen ist, wie er ein Union-Trikot in die Kamera hält. Der Berliner Bundesligist war zur Kulisse der Propagandashow eines Landesfürsten geworden, dessen demokratiegefährdende, homo- und islamfeindliche Grundhaltung leidlich dokumentiert ist.
Musste das so kommen? Erst kurz vor der Stippvisite habe der Verein von den Plänen Orbáns erfahren, heißt es, was wohl auch bedeuten soll, dass man den Besuch eh nicht hätte verhindern können. Das wäre in der Tat mal ein Zeichen gewesen: ein Bundesligist, noch dazu der Tabellenführer, erklärt einen umstrittenen Politiker aus dem Ausland wegen dessen Haltung zur Persona non grata. Ganz so weit hergeholt ist das gar nicht mal. Wie war das noch im Sommer 2021, als in Ungarn die homophobe Gesetzgebung verabschiedet wurde? Da schmückte sich beinahe das ganze Land vor dem EM-Spiel der Deutschen gegen die ungarische Auswahl in Regenbogenfarben. Und jetzt? Nichts.
Vielleicht war wirklich zu wenig Zeit, um Orbán eine wie auch immer geartete Ansage zu machen. Vielleicht fehlt es aber auch an der Grundeinstellung. Hätte sich Union beizeiten glaubhaft und radikal gegen Rassismus und Homophobie positioniert, so dass jeder in der weiten Fußballwelt davon wüsste, Orbán hätte wohl einen weiten Bogen um die Alte Försterei gemacht.
Wer in der Satzung zwar schöne Sätze gegen jegliche Diskriminierung stehen hat, sich aber raushält, wenn es ernst wird, muss sich nicht wundern, wenn er zum Propagandavehikel eines Rechtsradikalen wird.
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