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Unabhängigkeitstag in UkraineDemonstration der Stärke

Die Ukraine hält mitten in Kiew eine Militärparade der Superlative ab. Präsident Wolodimir Selenski will jetzt die Flotte weiter aufrüsten.

Im Stechschritt durch Kiew: Militärparade am Unabhängigkeitstag Foto: Efrem Lukatsky/ap

Kiew taz | Mit einer riesigen Militärparade auf der Prachtmeile Chreschtschatik im Zentrum von Kiew hat die Ukraine am Dienstag ihre mehrtägigen Feierlichkeiten zum 30. Unabhängigkeitstag des Landes beendet. 5.000 SoldatInnen zogen mit schwerem Gerät, Drohnen, Panzern und Raketen durch das Kiewer Stadtzentrum.

Flugzeuge der Ukraine, der Slowakei, Großbritanniens und Polens donnerten über den Himmel der Hauptstadt. In Odessa fand eine große Seeparade statt. Landesweit wurde der Unabhängigkeitstag mit 150 Veranstaltungen begangen.

Pünktlich um 10 Uhr eröffnete Präsident Wolodimir Selenski in Anwesenheit der Expräsidenten Petro Poroschenko, Wiktor Juschtschenko und Leonid Kutschma die Militärparade. Wie ein roter Faden zog sich das Bild einer starken Ukraine durch die Rede Selenskis. „Wir sind ein starkes Land, das ein Raketenprogramm für die nächsten zehn Jahre hat, wir sind das erste Land der Welt mit einem elektronischen Pass“, so der Präsident. Nun gelte es, gemeinsam die Ukraine weiter zu stärken, sie so stark zu machen, dass sie bei ihrem Aufnahmeantrag in die Europäische Union von anderen Staaten unterstützt werde.

Ebenfalls am Dienstag hatte das renommierte Portal lb.ua einen Artikel von Selenski veröffentlicht, in dem dieser weitere Weichenstellungen ankündigt. Man sei fälschlicherweise lange davon ausgegangen, dass die Ukraine nicht bedroht werde, so der Präsident. Nun gelte es, alles dafür zu tun, dass die Ukraine für alle Bedrohungen gewappnet sei.

Der Nato nahe

Und es gebe Fortschritte. Noch nie sei die Ukraine der Nato so nahe gewesen wie in diesen Tagen. Dank einer militärischen Zusammenarbeit mit der Türkei, den USA, Großbritannien und anderen Mitgliedern der Nato habe man die Verteidigungsfähigkeit des Landes in einer Weise ausgebaut, die noch 2014 undenkbar gewesen sei. Nun gehe es an die Aufrüstung der ukrainischen Flotte.

Wir haben ein Raketenprogramm für die nächsten zehn Jahre

Wolodimir Selenski, Präsident

Auch in der Außenpolitik kündigte er Veränderungen an. Es sei falsch gewesen, sich nur an Europa, den USA, Russland, China und Amerika zu orientieren. Nun sei es an der Zeit, an den Beziehungen zu arabischen, lateinamerikanischen und afrikanischen Staaten sowie der Türkei, Japan, Kanada und Indien zu arbeiten.

Auch Expräsident Poroschenko beschrieb in lb.ua seine Vision einer Ukraine, die Mitglied von EU und Nato sei. In zehn Jahren werde er seinen Artikel zum 40. Unabhängigkeitstag, mit „Petro Poroschenko, Abgeordneter des Europaparlamentes“ unterschreiben.

Gleichzeitig kündigte Präsident Selenski die Einführung eines neuen Feiertages an. Am 28. Juli werde man in Zukunft der ukrainischen Staatlichkeit gedenken. Der 28. Juli gilt in Russland wie auch der Ukraine als Tag der Taufe der Rus.

Für Selenski steht fest, dass das orthodoxe Christentum und die altslawische Sprache ihre Wiege in Kiew haben. Und der Rechtsnachfolger der altslawischen Sprache, so Selenski bei der Militärparade, sei die ukrainische Sprache. Bei so viel Patriotismus ging fast unter, dass die Behörden am Nationalfeiertag mit strana.news ein weiteres regierungskritisches Portal vom Netz nahmen.

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10 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch so ein "toller" Präsident, der der Rüstungsindustrie die Taschen füllen möchte anstatt für seine Bevölkerung zu sorgen.

  • Wenn ein durch Korruption auf allen Ebenen geplagtes und so hoch verschuldetes Land mit Militär protzt, dann ist das armselig und einfältig.



    Wen will die ukrainische Regierung mit dieser Show beeindrucken?

  • Ich weiß bei diesem Urkaine-Konflikt schon lange nicht mehr, welcher der beiden Parteien autokratischer und nationalistischer daherkommt. Aber ich behaupte umso besser zu wissen, dass der Westen bei der Ukraine mit ihrer Innenpolitik bedenklich wenig Berührungsängste hat.

  • "Die Ukraine hält mitten in Kiew eine Militärparade der Superlative ab. "

    Was für ein unsympathisches Land

    • @OldFrank:

      Militärparaden halten auch die Holländer, Schweizer und Schweden ab – sind die Ihnen auch unsympathisch?

  • Nur die Tatsache, dass die Ukraine bzw. deren nationalistische Vertreter Front gegen Russland machen, lässt die meisten hiesigen Medien darüber schweigen, dass in dieser Ukraine Oligarchen herrschen, verbunden mit extremen Nationalisten und Faschisten. Die derzeitige Regierung hat unabhängige Medien dort nach und nach exekutiert, Oppositionelle ermorden lassen und sich in jeder Beziehung dem Westen angebiedert, weil der Umsturz nur mit Hilfe des Westens möglich war.



    Und bei uns sieht man gerne darüber hinweg, dass die Ukraine ein regelrechter demokratischer Problemfall ist, der allerdings -wenn es nach Robert Habeck und der Stahlhelmfraktion im Bundestag ginge- von uns total aufgerüstet werden müsste, was die USA ja ohnehin machen.



    Wenn es eine Kriegsgefahr in Europa gibt, dann doch insbesondere durch diese Ukraine, die mit Hilfe von CIA und westlich bezahlter NGOs (Peter Scholl Latour) eine Mittlerstellung zwischen EU und Russland gewaltsam verhindert haben.



    Wer etwas für diese Ukraine und den Menschen dort tun will, sollte nicht auf Waffen setzen. Vielmehr müsste insbesondere Deutschland ein Interesse daran haben, dass Kiew nicht zum Brückenkopf der NATO wird. Allerdings gibt es schon seit mindestens 16 Jahren keine außenpolitische Linie mehr. Weder in Deutschland, noch in der EU, sofern man Vasallentum bezüglich USA nicht als außenpolitische Linie betrachtet.



    Dass sich die Europäer von den USA mit Hilfe der hiesigen Transatlantikern jeden Mist diktieren lassen, ist ein Skandal.

    • @Rolf B.:

      Ohja, Russland das arme Opfer! Im Gegensatz zu Russland gibt es in der Ukraine zumindest demokratische Wahlen! Im Gegensatz zu Russland sitzt die Opposition in der Ukraine nicht im Gefängnis und im Gegensatz zu Russland führt die Ukraine auch keine Angriffskriege auf Nachbarländer aus! Die angeblichen Oppositionellenmorde waren größtenteils das Werk russischer Agenten oder der Seperatisten, deren Nationalismus den der Ukrainer übrigens noch locker übertrifft!

    • @Rolf B.:

      Lieber Rolf B.



      1. ) bzgl. Kriegsgefahr:



      Russland ist in die Ukraine einmarschiert, nicht umgekehrt.



      Das soll die Ukraine hinnehmen ?

      2.) bzgl. Brückenkopf der Nato:



      Die so friedliebende Sowjetunion hat mal das halbe Baltikum annektiert.



      (Mit Finnland hat sie auch probiert..) Und der einzige Grund, warum Russland es in den letzten Jahren nicht wieder probiert hat (Präzendensfall: Ukraine !) ist die Mitgliedschaft in der NATO !



      Warum kann denn Russland nicht akzeptieren, dass es Länder gibt, die sich nicht unter seine Fuchtel begeben möchten ?

      [...]

       

      Kommentar bearbeitet. Bitte beachten Sie Netiquette.

      • @Falkner2010:

        Lieber Falkner,

        Bis auf den letzten Absatz haben Sie meine Zustimmung!

        Da waeren wir dann aber auch beim Problem: Jemandem ohne, dass ernstzunehmende Indizien dafür vorliegen, zu unterstellen (und sei es durch eine Frage), er sei quasi ein bezahlter Agent, ist persoenlich ehrenruerig. Und sowenig ich von Herrn B's. "Russland-gut-Westen-boese"-Ideologie halte, man sollte ihr allein mit Argumenten begegnen.

        • @Volker Scheunert:

          Lieber Volker Scheunert,

          danke für Ihren Kommentar.

          "Herrn B's. "Russland-gut-Westen-boese"-Ideologie" gibt es nicht. Weder ist Russland gut, noch der Westen böse. Aber ich sehe durchaus mit Sorge, wie unter dem Deckmantel eines dubiosen Werteanspruches, der nie definiert wird (christlich? islamisch? buddhistisch? kapitalistisch?) Interessenpolitik betrieben wird. Da spielen Menschnrechte wirklich keine Rolle (siehe Saudi Arabien).