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Foto: Dorothea Hahn

Unabhängige Gewerkschaften in BelarusFür die Freiheit

Maryia Taradetzkaya wollte eigentlich nur in Berlin studieren. Jetzt führt die 34-Jährige aus der Ferne den Kampf für Arbeitnehmerrechte an.

Dorothea Hahn
Von Dorothea Hahn aus Berlin

D er KGB schlug am vierten Dienstag nach Kriegsbeginn zu. In mehreren Stadtteilen von Minsk durchsuchten Geheimdienstagenten Büros und Privatwohnungen. Sie beschlagnahmten Ausweispapiere und Festplatten, Bankunterlagen und Handys. Und sie nahmen 13 Frauen und Männer mit – fast die komplette Spitze des unabhängigen Gewerkschaftsverbandes „Kongress der Demokratischen Gewerkschaften Belarus“ (BKDP).

Wir verlangen das sofortige Ende der Feindseligkeiten und den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine und aus Belarus

Alexander Yaroshuk, festgenommener Gewerkschaftschef

Wenige Tage zuvor hatte der Bekannteste unter den Verhafteten öffentlich die Hilfe für Russland im Krieg gegen die Ukraine kritisiert. „Es ist die größte Schande, wir können dazu nicht schweigen“, sagte Gewerkschaftspräsident Alexander Yaroshuk: „Wir verlangen das sofortige Ende der Feindseligkeiten und den Abzug der russischen Truppen aus der Ukrai­ne und aus Belarus“.

Tausend Kilometer weiter westlich erfährt Maryia Taradetzkaya am 19. April in Echtzeit auf Telegram von den Razzien und Verhaftungen. Die 34-jährige Belarussin ist erst zwei Wochen zuvor in Berlin angekommen. Nachdem sie sieben Monate in Kassel studiert hat, will sie nun bis zum Sommer einen Master in Berlin machen.

Während sie sich mit ihrer Tochter in einem Zimmer im Studentenwohnheim am Westrand von Berlin einrichtet, verfolgt sie im Stundenrhythmus das Geschehen in ihrer Heimat. Mehrfach täglich stellt Taradetzkaya Nachrichten auf ihren Telegram-Kanal. Manchmal interviewt sie sich selbst. Immer geht es um Belarus. Taradetzkaya ist körperlich in Deutschland, aber gedanklich in Belarus. Für September plant sie ihre Rückkehr: Sie will ihr neues Wissen und das Netzwerk, das sie an der gewerkschaftsnahen Global Labor University aufbaut, zugunsten ihrer Gewerkschaft einsetzen. Ihre Tochter soll wieder an die alte Schule.

Die Geheimdienstaktion durchkreuzt diese Pläne. Taradetzkaya kennt alle Verhafteten. Mit einem von ihnen, Mikolai Sharakh, dem Chef der Belarussischen Freien Gewerkschaft (SPB) für Erziehung und Wissenschaft, hat sie das Büro geteilt. Sie ist jetzt eines der letzten Führungsmitglieder auf freiem Fuß.

Ich hatte kein Recht abzulehnen. Ich bin in Sicherheit. Ich kann mich um Solidarität kümmern

Maryia Taradetzkaya über ihre Berufung

Am Morgen nach den Razzien wird Taradetzkaya in Berlin zur internationalen Sekretärin der unabhängigen Gewerkschaften von Belarus. Wer das Ansinnen an sie herangetragen hat, sagt sie nicht: „Ich bringe keine Kollegen in Gefahr.“ Es gibt es keine Regeln und kein Protokoll für diese Situation. Taradetzkaya weiß weder, wie lange sie das Amt ausfüllen wird, noch, worin ihre Aufgaben bestehen. Sie will helfen, so gut es irgend geht. Es geht um das Überleben der unabhängigen Gewerkschaften von Belarus. Sie sagt ja.

„Ich hatte kein Recht abzulehnen“, begründet sie: „Ich bin in Sicherheit. Ich kann sprechen. Ich kann mich um die internationale Solidarität kümmern.“ Sie ist auf sich allein gestellt. Was den Gewerkschaftschefs vorgeworfen wird, ist unklar. Manche werden wochenlang an geheimen Orten gefangen gehalten. Kontakte mit ihnen sind nicht möglich.

Maryia Taradetzkaya ist erst im Sommer 2020 während der Protestbewegung gegen die Fälschungen bei der Präsidentschaftswahl Gewerkschaftsmitglied geworden. Sie trat der unabhängigen Belarussischen Freien Gewerkschaft (SPB) bei, die Ärzte, Lehrer und Studenten organisiert. In einem rasanten Aufstieg wurde sie wenig später die Vize-Chefin der SPB. „Ich bin noch neu“, warnt sie, „es gibt Dinge, die ich nicht weiß.“ Manche Fragen gibt sie per Handy weiter. Ihre langen hellrosa lackierten Fingernägel klicken auf dem Display.

September 2020 in Minsk: Proteste gegen Staatschef Lukaschenko Foto: imago/TASS

Für deutsche und andere westliche Gewerkschaften ist die Studentin, die von ihren Freunden „Mascha“ genannt wird, eine wichtige Verbindungsfrau zu dem geworden, was von den unabhängigen belarussischen Gewerkschaften übrig geblieben ist. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Bildungsgewerkschaft GEW, die IG Metall oder die IG BCE sprechen mit ihr.

Die Furcht vor Kontakten

Seit Beginn des Kriegs sind die meisten direkten gewerkschaftlichen Kontakte nach Belarus – ebenso wie nach Russland – abgebrochen. Bei E-Mails fürchten die Westler Cyberattacken, die Ostler mitlesende Geheimdienste. Telefonieren war wegen der Sprachbarrieren und der Abhörrisiken schon vorher schwierig. Zudem droht Belarussen, die mit Organisationen im Ausland in Kontakt stehen, der Vorwurf, „ausländische Agenten“ zu sein. In Belarus kann das mit Gefängnishaft geahndet werden.

Die Inhaftierten brauchen Geld, Anwälte und Kampagnen zu ihrem Schutz. Aber die internationale Solidarität ist eine Gratwanderung mit vielen Unbekannten. Was aus dem Ausland kommt, kann immer auch für den Vorwurf „Agententätigkeit“ genutzt werden. Deutsche Gewerkschafter, die an gemeinsamen Diskussionen und Schulungen mit Belarussen teilgenommen haben, trauen sich deswegen nicht, die Orte, Themen und Teilnehmer dieser Treffen zu nennen. „Aufpassen, dass wir mit unserer Unterstützung die Unterstützten nicht gefährden“, lautet die Parole.

Die internationale Zusammenarbeit konzentriert sich auf die Forderung nach Freilassungen. „Wir brauchen keine Märtyrer“, sagt Frank Hoffer, der sich in seiner Zeit als Diplomat und als ILO-Mitarbeiter auch mit Belarus befasst hat. Zahlreiche Einzelgewerkschaften, aber auch die UN-Organisation für die Rechte von Beschäftigten, ILO, und der Internationale Gewerkschaftsbund appellieren an die Regierung in Minsk, die Gewerkschafter freizulassen. Belarus verletzt Konventionen über Versammlungsfreiheit und Organisationsrechte, die es selbst ratifiziert hat, schreibt ILO-Generaldirektor Guy Rider. Minsk reagiert auf keine der Petitionen.

„Wir wissen nicht, ob es der finale Schritt bei der Liquidierung der Gewerkschaften ist“, sagt Gabriele Ibrom, die für die IG Metall den Kontakt nach Belarus gewahrt hat. Für Frank Zach in der internationalen Abteilung des DGB ist es „unklar, in welche Richtung es in Belarus geht“. Frank Hoffer fühlt sich an die Zerschlagung der deutschen Gewerkschaften im Jahr 1933 erinnert.

In dem verminten Terrain ist Taradetzkaya die Kennerin. Sie besitzt ein dichtes Netz von Kontaktpersonen in Belarus. Sie weiß, wie sie mit ihnen kommunizieren kann, ohne sie zu gefährden. Und Russisch ist ihre Muttersprache – ihr eigenes Belarussisch beschreibt sie als „schlechter als mein Englisch“. Außerdem hat sie gelernt, auch im Sturm die Ruhe zu wahren.

Das war noch ganz anders, als sie vor zwei Jahren, im Sommer 2020, zu der Gewerkschaftsbewegung stieß. „Da war ich viel zu emotional“, sagt sie. Um sich nicht selbst zu lähmen, setzt sie sich heute Grenzen, wie viele Details über Misshandlungen in den Gefängnissen und über Vergewaltigungen sie ertragen kann. „Ich kann die schlechten Nachrichten nicht vermeiden“, sagt sie, „aber wenn ich eine gewisse Dosis erreicht habe, schalte ich ab.“

Die Basis stärken, Ängste bekämpfen

Taradetzkaya findet, dass die Kinder der Inhaftierten das Recht haben, in diesen Tagen emotional zu sein. Ihre eigene Rolle sieht sie darin, die verunsicherten Mitglieder an der Basis zu stärken. Sie hat ihr Gesicht sorgfältig geschminkt. Sie ist in makelloses, eierschalenfarbenes Outfit gekleidet. Sie strahlt Selbstbewusstsein aus.

Dass die unabhängigen Gewerkschaften von Belarus überhaupt noch existieren, grenzt an ein Wunder. Gegenüber dem aus der Sowjetzeit herrührenden Gewerkschaftsbund Vereinigung der Gewerkschaften von Belarus (FPB) mit seinen vier Millionen Mitgliedern nehmen sich die Unabhängigen mit ihren 11.500 Mitgliedern winzig aus. Während die staatsnahen Gewerkschaften die Politik von Alexander Lukaschenko unterstützen, verlangen die Unabhängigen seit ihrer Gründung in den 1990er Jahren eine demokratische Öffnung.

Die Behörden begegnen ihnen mit immer neuen Einschüchterungen. Sie reichen vom Abhören, Verhaften und brutalen Verhören einzelner Aktivisten bis hin zu Entlassungen kompletter Belegschaften, die bei den Unabhängigen organisiert waren, wie in dem Stahlwerk BMZ. Aber die Behörden verzichten auf ein komplettes Verbot. Nachdem sie Dutzende von Menschenrechts- und Demokratiegruppen verboten und ausländischen politischen Stiftungen die Lizenz entzogen haben, sind die unabhängigen Gewerkschaften bei Kriegsbeginn ein verbliebenes zivilgesellschaftliches Refugium.

1. Mai 2022 in Berlin: Banner für die Freiheit belarussischer Gewerkschafter Foto: privat

Seit Anfang April ist es damit vorbei. Die Weißrussische Gewerkschaft der Radioelektronischen Arbeiter“ (REP), ebenfalls eine unabhängige Gewerkschaft, die zum Dachverband BKDP gehört, ist die erste, die den Stempel „extremistisch“ und ein Verbot bekommt. Ein paar ihrer Führungsmitglieder können sich in das benachbarte Litauen retten.

Seither breitet sich Angst bei Gewerkschaftsmitgliedern aus. Sie zeigt sich in den Austrittserklärungen, von denen Taradetzkaya täglich neue bekommt. Sowie in der rasant sinkenden Zahl von Abonnenten ihres Telegram-Kanals. Sie versteht die vielen Rückzüge. In Minsk kann jeder Polizist auf der Straße die Herausgabe von Handys verlangen, um sie auf „extremistische“ Nachrichten zu durchsuchen.

„Wir haben unser Land verloren“

Die Ereignisse der letzten Wochen haben Maryia Taradetzkaya überrascht. Sie hat den Krieg nicht erwartet. „Wir haben unser Land verloren“, sagt sie, und: „Wir teilen unser Territorium mit dem Angreifer.“ Sie hat auch nicht mit der Enthauptung der unabhängigen Gewerkschaften gerechnet. „Wir haben schon oft gedacht, dass die kriminellen Aktivitäten unserer Regierung eine Grenze erreicht haben“, seufzt sie, „aber dann wird es doch schlimmer.“ In ihrer Kommunikation achtet sie jetzt noch sorgfältiger darauf, keine Spuren zu hinterlassen. Kaum hat sie eine Signal-Nachricht verschickt, löscht sie sie wieder. Namen von Gesprächspartnern in Belarus nennt sie grundsätzlich nicht.

Die Geheimdienstaktion in Minsk reißt Taradetzkaya aus ihrem Studienrhythmus. In der ersten Woche danach verpasst sie ihre Seminare. Stattdessen organisiert sie mit Kommilitonen eine Online-Kampagne für die Freilassung ihrer Kollegen. Sie nimmt an Zoomkonferenzen mit Gewerkschaftern aus aller Welt teil. Sie sucht nach Anwälten in Belarus, die trotz der Risiken für ihre eigene Lizenz bereit sind, die Verhafteten zu vertreten.

Am 1. Mai geht sie mit anderen ausländischen Gewerkschaftern, die an der Global Labor University studieren, zur Kundgebung am Berliner Brandenburger Tor. Für die Belarussin ist es eine Premiere. Sie ist schockiert über das Ei, das jemand auf die Berliner Regierende Bürgermeisterin wirft. „Bei uns wäre so etwas undenkbar“, sagt sie. „Freiheit für die inhaftierten Gewerkschafter“ steht auf dem Transparent, das sie mit Kommilitonen aus Ghana, Südafrika, Großbritannien, der Türkei und Belarus zum Brandenburger Tor trägt. An Tagen wie diesem hat Taradetzkaya früher Fenster geputzt. Der 1. Mai in Belarus ist ein „Subbotnik“ – ein Tag in der sowjetischen Tradition, bei dem die Beschäftigten in die Betriebe kommen müssen, um unbezahlte Arbeit zu leisten.

Für Taradetzkaya ist die Sowjetunion alte Geschichte. Sie hat keine eigene Erinnerung daran. Als das Land verschwand, war sie zwei Jahre alt. Während anderswo in Osteuropa in ehemaligen Sowjetrepubliken demokratische Experimente begannen, entstand in Belarus eine autoritäre Alleinherrschaft. Mitte der 1990er Jahre hörte Taradetzkaya erstmals Erwachsene über Präsident Alexander Lukaschenko klagen. Es fielen Sätze wie: „Er will alles kontrollieren“ und „Er ist ein Diktator“. Als sie wenig später in die Schule ging, verstand sie, dass es keinen Sinn macht, irgend etwas verändern zu wollen.

Das Mädchen nimmt die Mahnungen ernst. Sie lernt. Studiert. Arbeitet. Wird Mutter. Reist. Unterwegs in Moskau und Petersburg fühlt sie sich „wie zu Hause“. Der Lebensstandard in Russland erscheint ihr niedriger und die Infrastruktur heruntergekommener als in Belarus. „Lukaschenko war bemüht um das Bild eines guten Landes mit einem wundervollen Leben“, sagt sie rückblickend, „Putin schert sich nicht um sein Image“.

Von Politik jeder Art hält Taradetzkaya sich fern. Sie geht nicht einmal wählen. Nach der Schule studiert sie internationale Beziehungen und Weltökonomie in Minsk. Erst jetzt, bei der Global Labor University, versteht sie, dass sie dort ausschließlich auf die marktliberale Ökonomie programmiert worden ist. Nach dem Studium leistet sie ihre obligatorischen zwei Jahre in der Exportabteilung eines Staatsbetriebs ab. Dann wechselt sie in einen privaten Konzern. Sie muss zu viele Überstunden machen. Oft schläft ihre Tochter schon, wenn sie abends nach Hause kommt.

Die Wende im Frühling 2020

Das Leben von Taradetzkaya nimmt im Frühling 2020 eine erste radikale Wende. Sie ist 30 und arbeitet seit Kurzem als selbstständige Beraterin und PR-Fachfrau. Ihre beste Freundin schwärmt von der Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja. Die Freundin benutzt die Worte „Veränderung“ und „Ehrlichkeit“. Taradetzkaya staunt. Ihre Freundin war politisch genauso abstinent wie sie selbst. Auch sie hat nie gewählt.

Wie hunderttausende andere Belarussen lässt sich Taradetzkaya von der Aufbruchsstimmung anstecken. Sie wählt. Und sie schließt sich den unabhängigen Gewerkschaften an. Deren Mitgliederzahl schnellt in einem Jahr um 20 Prozent in die Höhe. Als Lukaschenko an der Macht festhält und nach einer offensichtlichen Wahlmanipulation behauptet, er habe mehr als 80 Prozent der Stimmen erhalten, geht sie auf die Straße und protestiert. In verschiedenen Betrieben finden politische Streiks statt. Zum ersten Mal in ihrem Leben hat Taradetzkaya den Eindruck, dass es tatsächlich eine Alternative gibt. Zum ersten Mal auch erkennt sie in den Menschenmengen, dass sie nicht allein ist. „Wir waren voller Hoffnung“, erinnert sie sich.

Auf die Euphorie folgt monatelange Repression. Zigtausende werden festgenommen. Andere fliehen ins Ausland. Taradetzkayas beste Freundin lebt seither in Polen. Zwei Jahre später kommt es immer noch zu neuen Anklagen gegen Menschen, die auf Fotos von Demonstrationen identifiziert werden.

Der russische Krieg gegen die Ukraine sorgt für neue, schwere Zerwürfnisse in Belarus. Lukaschenko lässt Wladimir Putin gewähren und stellt sein Land als Aufmarschgebiet zur Verfügung. Aber anders als in Russland ist der Krieg in Belarus unpopulär. Selbst ein Teil von Lukaschenkos ländlicher Basis ist dagegen. Entlang der Eisenbahnstrecken, die russische Soldaten und Waffen zu der ukrainischen Grenze bringen, greifen Unbekannte Umschalthäuschen an. Die Sabotageakte zerstören nicht die Eisenbahnstrecken. Aber sie verlangsamen die russische Kriegsmaschine.

Als auch die unabhängigen Gewerkschaften den Krieg öffentlich verurteilen, nimmt die Repression ihren Lauf. BKDP-Präsident Yaroshuk ist kein Unbekannter. Er ist Vizepräsident des Internationalen Gewerkschaftsbundes und er sitzt mit an der Spitze der ILO.

Kollegen im Ausland staunen über den Mut vieler Belarussen, die trotz der Repression im Land bleiben.

Nicht so Taradetzkaya. „Ich glaube an das Universum und an die Gewerkschaften“, sagt sie in Berlin.

Fast einen Monat nach den Razzien ist nicht klar, wie es weitergehen wird und welche Rolle sie im Augenblick hat. Immer noch sitzen zehn Spitzengewerkschafter, darunter Yaroshuk, in Haft. Die Freigelassenen haben lähmende Auflagen, unterliegen strengen Kontrollen und warten auf ihr Gerichtsverfahren. Manche mussten Schweigeverpflichtungen unterzeichnen und dürfen nicht ausreisen.

Maryia Taradetzkaya ist davon überzeugt, dass die Diktatur in ihrem Land bald zu Ende geht. Spätestens dann will sie in ihr Land zurück. Fürs Erste wäre sie in Belarus nicht sicher. Sie wird im Ausland bleiben und einen Job suchen. Bei der Global Labor University hat sie gelernt, dass „Menschen keine Waren sind“. Und wofür sich die Gewerkschaften in ihrem Land wappnen müssen. Eine „Schocktherapie“ wie in anderen postsowjetischen Ländern hat es in Belarus bislang nicht gegeben. Aber spätestens wenn Lukaschenko geht, wird es massive Privatisierungen von Staatsbetrieben geben, prognostiziert sie. Dann kommen neue Aufgaben auf die Gewerkschaften zu: „Wir müssen verhindern, dass die Beschäftigten leer ausgehen. Sie brauchen Entschädigungen, Umschulungen.“

Für diesen Moment will Taradetzkaya dafür sorgen, dass die unabhängige Gewerkschaftsbewegung in Belarus überlebt.

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