Umweltpolitik: „Diese Stadt braucht mehr Grün“
Eine Landesarbeitsgemeinschaft der Bremer Grünen hat einen Forderungskatalog erarbeitet, um das umweltpolitische Profil der Partei zu stärken.
Kaum zwei Wochen nach der verlorenen Bundestagswahl gehen die Bremer Grünen mit einem Papier für „mehr Grün“ an die Öffentlichkeit. Nein, das sei keine Reaktion auf die Wahlanalysen, nach denen die Öko-Partei ihr Profil zu sehr verwischt habe, sagt die Autorin des Papiers, die umweltpolitische Sprecherin Maike Schaefer. Seit Monaten habe die „Landesarbeitsgruppe Umwelt“ an ihrer Position gefeilt, das Ergebnis solle auch Denkanstöße geben für den grünen Umweltsenator Joachim Lohse.
Offenbar soll das Image der Grünen in Zukunft weniger durch Gehaltskürzungen für die Beamten als durch umweltpolitische Projekte geprägt werden, das heißt: weniger von den finanzpolitischen Zwängen als von Umweltpolitik.
Zum Beispiel die Begrünung: Es gibt Bundesländer, da sagt die Landesbauordnung, dass bei Neubauten mit einer großen Dachfläche zwingend Solaranlagen oder Begrünung vorgeschrieben sind. Maike Schaefer könnte sich für Bremen als Marke zum Beispiel 500 Quadratmeter vorstellen. So soll die Flächenversiegelung ein wenig kompensiert werden. Wo keine Straßenbäume möglich seien, könnten zumindest „vertikale Gärten“, also Fassadenbegrünungen, das Stadtklima aufbessern. Friedhöfe könnten zu kleinen Parks ausgebaut werden, insbesondere wenn weniger Flächen für Gräber benötigt werden – 80 Prozent der Bestattungen finden heute in Urnen statt. Warum sollten auf freien Flächen nicht Streuobstwiesen entstehen?
Bremen könnte schöner werden, das sei ein wichtiger Gesichtspunkt für die Attraktivität der Stadt für Besucher und potenzielle Neu-Bürger. Es geht dabei aber auch um einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz. Im kommenden Februar sollen die Ergebnisse von jahrelanger Arbeit an dem Projekt „nordwest2050“ vorgestellt werden, in dem Strategien für eine klimaangepasste Region Bremen/Oldenburg entwickelt werden.
Es wird in Zukunft mehr Starkregen geben, das stellt die für Abwasser zuständige Firma Hansewasser fest. Sie rät den Hausbesitzern zu „Rückstauschutz“, aber auch im öffentlichen Bereich könnte die Stadtplanung Überflutungsflächen einplanen. Es gibt dazu bisher eine Arbeitsgruppe, aber keine größeren konkreten vorzeigbaren Projekte. Um einen Schutz gegen steigende Hochwasser-Gefahren zu garantieren, müssten außerdem die Deiche an verschiedenen Stellen erhöht werden. Große Bäume auf Deichen sind ein Sicherheitsproblem, an der Straße Am Deich vor der Beck’s-Brauerei wurden daher bereits die Baumkronen gekappt, um die Sturmanfälligkeit zu vermindern. Am St.-Pauli-Deich muss der Deich möglicherweise um einen Meter erhöht werden. Das könnte für die dort stehenden Bäume ein Problem werden – aber bisher stehen die Planungen noch am Anfang. Wenn Bäume wirklich gefällt werden müssen, dann muss Ersatz-Grün geschaffen werden – und zwar nicht irgendwo, sondern möglichst an derselben Stelle, findet Maike Schaefer. Dem Baumschutz kommt bei den Grünen eine besondere Bedeutung zu: Die Regel, nach der Bäume gefällt werden dürfen, wenn sie näher als vier Meter an einem bewohnten Haus stehen, müsse ebenfalls überprüft werden, fordert Schaefer, denn nicht bei allen Baumarten und nicht in allen konkreten Situationen sei das Fällen wirklich notwendig.
Jedoch: Mit der Verkehrs- und Wirtschaftspolitik bleiben in dem Grünen-Papier wesentliche umweltrelevante Entscheidungsbereiche ausgeklammert. Dafür hat die Arbeitsgruppe neue Themenbereiche entdeckt: „Lichtverschmutzung“ wird dort angesprochen, also die Frage, ob die Erleuchtung des Nachthimmels, die für Vögel ein Problem sein könnte, wirklich nötig ist. Und um den Geruchsbelastungen in bestimmten Stadtvierteln auf die Spur zu kommen, sollte, so Maike Schaefer, ein „Geruchskataster“ erstellt werden.
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