piwik no script img

Umweltbundesamt zu Müll in DeutschlandEU-weit größter Verpackungssünder

Kein anderer EU-Mitgliedstaat produziert pro Kopf so viel Verpackungsmüll wie Deutschland. Außerdem wird beim Recycling ein wichtiger Rohstoff komplett übergangen.

Gründe für den Spitzenplatz: Dosierhilfen, aufwendige Verschlüsse, Versandhandel, Take-away-Essen Foto: dpa

Berlin dpa | Die Deutschen produzieren unverändert viel Verpackungsmüll. Im Jahr 2016 fielen 18,16 Millionen Tonnen an, wie das Umweltbundesamt am Donnerstag mitteilte. Das waren 0,05 Prozent mehr als im Vorjahr und 220,5 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Der Verpackungsverbrauch in Deutschland liegt damit weiterhin deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 167,3 Kilo pro Kopf. Knapp die Hälfte des Abfallaufkommens, nämlich 47 Prozent, ging auf das Konto von privaten Verbrauchern.

„Wir produzieren viel zu viel Verpackungsmüll – ein trauriger Spitzenplatz in Europa“, kommentierte die Präsidentin des Umweltbundesamts (UBA), Maria Krautzberger, die Zahlen. Das Recycling und der Einsatz von Recycling-Material müssten weiter gestärkt werden, um Rohstoffe zu schonen. „Und vor allem müssen wir Müll vermeiden, möglichst schon in der Produktionsphase durch den Verzicht auf unnötige und unnötig materialintensive Verpackungen.“

Als Gründe für den anhaltend hohen Verbrauch von Verpackungen nennt das Umweltbundesamt zusätzliche Funktionen wie Dosierhilfen, aufwendige Verschlüsse, kleinere Portionen, Versandhandel und Essen und Trinken zum Mitnehmen. Die Daten für 2017 werden erst im kommenden Jahr veröffentlicht.

Pro Kopf fiel im Privatgebrauch etwas weniger Plastik-Verpackungsmüll an als im Vorjahr, nämlich 24,9 Kilo pro Kopf und Jahr statt wie zuvor 25 Kilo. „Dafür wurden mehr Glas- und Aluminiumverpackungen verwendet, was auf einen Ersatz der Kunststoffverpackungen schließen lässt“, teilte das UBA dazu mit. Gerade Glas und Aluminium seien in der Herstellung aber sehr energieintensiv. „Kunststoff durch andere Verpackungsmaterialien zu ersetzen, ist nicht immer ökologisch sinnvoll“, mahnte Krautzberger.

Ein wichtiger Rohstoff wird nicht zurückgewonnen

Mehr als 70 Prozent des Verpackungsmülls wurden recycelt. Allerdings waren die Quoten ganz unterschiedlich: 85,5 Prozent bei Glas, 87,9 Prozent bei Alu, 88,7 Prozent bei Papier und Karton und sogar 92,1 Prozent bei Stahl, aber nur 49,7 Prozent bei Kunststoff und 26 Prozent bei Holz. Von 2019 an gilt ein neues Verpackungsgesetz, das den fürs Verpackungsrecycling zuständigen Unternehmen – den Dualen Systemen – höhere Quoten vorschreibt. Die Lizenzgebühr, die Hersteller für ihre Verpackungen zahlen müssen, muss sich dann auch danach richten, wie leicht oder schwer die Verpackung recycelt werden kann.

Einen Schwerpunkt legt das UBA in seinem Bericht auf Verpackungen, die Magnete beinhalten. Sie seien zwar eine „Nischenerscheinung“, aber rohstoffpolitisch interessant, heißt es da. Der Grund ist demnach, dass die Magnete Neodym enthalten, bei dessen Abbau auch radioaktives Thorium und Uran freigesetzt wird. Neodym zählt zu den seltenen Erden.

Solche Magnete werden etwa für wiederverschließbare Pralinen- oder Zigarettenschachteln verwendet. Im Jahr 2017 fielen laut UBA etwa 4,5 Tonnen neodymhaltige Magnete als Verpackungsabfall an, davon rund 1,5 Tonnen reines Neodym. Bisher werde keine Rückgewinnung von Neodym aus Verpackungen durchgeführt, so dass das seltene Metall verloren gehe. Für Neodym liegen aktuellere Zahlen vor als für andere Stoffe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Nochmals: Deutschland ist einer der größten Produzenten dieser (überflüssigen) Verpackungen/Geräte/Stoffe. Deshalb tritt Deutschland in der EU (analog zur Automobilindustrie) auch meist als Bremser auf. Schlimmer noch: Schwachsinnige Regelungen, die Verpackungen erzwingen, gehen auf das Konto dieser Lobbyinteressen.

  • Es sind ja gerade die kleinen Produkte, (meist auch die Günstigen) die mit einer Verpackung angeboten werden, die um ein vielfaches größer ist als das Produkt selbst.



    Die Kunden wollen zudem Transparenz und transparent sind nunmal nur Glas oder Kunststoff. Dinge für die ehemals eine einfache Kartonage reichten, werden jetzt auf großen Kartons mit Klarsichtkunsstoff umhüllt.



    Egal ob Stifte, Batterien, Leuchtmittel, USB-Sticks etc. Je kleiner das Produkt umso größer die Präsentations-Verpackung.



    Hier wäre ein Gesetz sinnvoll, dass die Verpackungsgröße nur um z.B. das Doppelte die Produktgröße überschreiten darf.



    Zudem wäre es auch sinnvoll statt des "gelben Sacks" generell eine gelbe Tonne/ Umwelttonne einzuführen.

    • @Zeitwesen:

      Für noch eine Tonne ist draußen kein Platz, aber den Sack kann ich gut alle vier Wochen rausstellen.

      Das Material vom Sack reicht nicht aus, eine Pumpe zu betreiben, um einen Eimer, den ich im Haus haben wollte, entsprechend zu putzen.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Die 1,5 Tonnen Neodym sind wohl nicht das Problem. Eher die Millionen Tonnen Kunststoff, die aus Deutschland in die Welt verschifft wurden und, wie ich doch stark vermute, zum Teil vom Schiff gefallen sind.