Umstrittenes Straßen-Projekt TVO: Wuhlheide jetzt noch kahler
Für das Straßenprojekt TVO zwischen Marzahn und Köpenick soll viel mehr Wald gerodet werden als bislang bekannt – das hat der Nabu ausgerechnet.
Das habe die eingehende Prüfung der Planungsunterlagen ergeben, teilte der Verband am Montag mit. Zusammen mit anderen anerkannten Naturschutzverbänden wollte der Nabu noch am selben Tag eine offizielle Stellungnahme im Rahmen des seit Mai laufenden Planfeststellungsverfahrens einreichen.
Die Differenz von sieben Hektar ergibt sich laut Nabu daraus, dass die Zahlen bisher nur die Fläche abbildeten, auf der künftig die vierspurige Straßenverbindung verlaufen soll. Hinzu kämen aber viele Flächen, auf denen für die Zufahrt zu den Baustellen oder für Materiallager Bäume gefällt werden müssen. Diese würden zwar nach Abschluss der Arbeiten wieder aufgeforstet, der über lange Zeiträume dort gewachsene Wald sei aber erst einmal verloren.
„Eine Wiederaufforstung dauert Jahrzehnte“, sagt Juliana Schlaberg, Teamleiterin Naturschutz beim Nabu-Landesverband Berlin, zur taz. „Wir haben es schließlich mit einem intakten Ökosystem zu tun: Da sind Nisthöhlen in den Bäumen, da leben Insekten. Das kann man nicht ersetzen, indem man eben mal neue Bäumchen pflanzt.“ Von einer intakten Waldfläche werde man „frühestens in 50 Jahren“ wieder reden können, so Schlaberg. Hinzu komme, dass es sich bei mehr als drei Hektar des Walds in der Wuhlheide um alte und geschützte Eichenbestände handele.
Was die Verbände und Gruppen, die sich mit der Bürger*inneninitiative Wuhlheide zum Bündnis „Schiene vor TVO“ zusammengeschlossen haben, besonders aufregt: Dass der schwarz-rote Senat die von den Vorgängerregierungen fest zugesagte „Nahverkehrstangente“ nicht mehr mit Nachdruck verfolgt. Dabei handelt es sich um eine Trasse für S- oder Regionalbahnen, die parallel zur TVO verlaufen soll. Bei der Prüfung der Unterlagen habe sich nun auch noch herausgestellt, dass ein Teil der gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsflächen für den Waldverlust auf der potenziellen Trasse der Nahverkehrstangente liegen soll, so der Nabu.
„Wertvolle Zeit verloren“
Das führe die Ausgleichs-Idee ad absurdum, so Juliana Schlaberg: „Wenn die dort gepflanzten Bäume in absehbarer Zeit wieder den Schienen weichen würden, müsste dieser Verlust zwar erneut ausgeglichen werden. Aber dann wird auch wieder wertvolle Zeit für die Waldentwicklung verloren sein.“ Ein weiterer Kritikpunkt: Nach bisherigen Planungen würde die Nahverkehrstangente zum großen Teil auf dem ebenfalls parallelen Bahnaußenring (BAR) verlaufen, der dann wiederum verschoben gen Westen und dort Biotope gefährden würde.
Der Nabu fordert nun die Prüfung einer „qualifizierten Nullvariante“ – einer Lösung, die die Verkehrssituation in den umgebenden Ortsteilen ohne massive Eingriffe in die Natur verbessere.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!