Umstrittenes Hoffest von Klaus Wowereit: Manche Lügen haben lange Beine
Im Jahr 2008 behauptete Klaus Wowereit: Für sein Hoffest fließt kein Steuergeld. Nun steht fest: Er nahm es mit der Wahrheit nicht so genau.
BERLIN taz | Klaus Wowereit hat über die Finanzierung seines Hoffestes im Roten Rathaus nicht die Wahrheit gesagt – zumindest nicht die ganze Wahrheit. Der Regierende Bürgermeister hatte im Jahr 2008 behauptet, das Fest werde nicht mit Steuergeldern finanziert, sondern durch Sponsoren. Welche Sponsoren wie viel Geld für das Fest zahlten, blieb allerdings geheim – bis gestern.
Da entschied das Berliner Verwaltungsgericht: Journalisten haben Anspruch darauf, die Information zu erhalten. Und siehe da: Die Berliner Stadtreinigung zahlte 14.900 Euro für das Hoffest, die Berliner Verkehrsbetriebe 7.900 Euro. Beide sind Anstalten des öffentlichen Rechts, die zu 100 Prozent dem Land Berlin gehören. Beide machen jährlich hohe Verluste, die aus dem Landeshaushalt ausgeglichen werden. Hätten Stadtreinigung und Verkehrsbetriebe sich das Geld für das Hoffest-Sponsoring gespart, hätten sie also weniger Zuschüsse aus dem Landeshaushalt gebraucht. Das Fest wurde also – um eine Ecke – sehr wohl auch aus Steuergeldern bezahlt.
Zu der Veranstaltung in den Höfen des Roten Rathauses lädt die Senatskanzlei jährlich mehrere tausend Gäste – Politiker, Journalisten, Verbandsvertreter, Schauspieler, Unternehmer, Sänger, Designer, Köche, Prominentenfriseure …
Im Jahr 2008 geriet das Hoffest in die Kritik. Die rund 50.000 Angestellten des Landes und der Bezirke forderten eine Lohnerhöhung von 2,9 Prozent. Während mehrerer kurzer Streiks blieben Bürgerämter, Opernhäuser und Kindergärten geschlossen. Beim Hoffest demonstrierten sie auch vor dem Rathaus unter dem Motto „Wasser statt Wein“. Ihre Forderung: Zurückhaltung beim Feiern, stattdessen mehr Geld für die Beschäftigten. Mit Trillerpfeifen machten sie sich Wowereit und seinen Gästen bemerkbar.
Als Journalisten den Regierenden Bürgermeister auf die Proteste ansprachen, sagte dieser: Das Hoffest werde durch Sponsoren ermöglicht und nicht aus Steuergeldern finanziert.
Wer hat wie viel bezahlt?
Die Sponsoren werden von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin Partner akquiriert. Die veröffentlichte auf ihrer Webseite auch das Programmheft, in dem alle Unternehmen genannt sind, denen der Regierende Bürgermeister und Berlin Partner „danken“. Unklar blieb, ob es sich bei diesen Unternehmen um die Sponsoren handelte und worin das Sponsoring bestand: Wer hat wie viel Geld bezahlt? Wer hat Sachleistungen gestellt – etwa Essen angeboten? Und wer hat sich nur mit einem künstlerischen Auftritt auf einer Bühne beteiligt?
Erst jetzt können all diese Fragen beantwortet werden. Die landeseigene Stadtreinigung ist mit 14.900 Euro der größte Sponsor – niemand sonst zahlte so viel Geld. 4.500 Euro kamen von der landeseigenen Gewobag. 7.900 Euro zahlte die Flughafengesellschaft, die Berlin und Brandenburg sowie dem Bund gehört – und bei der Wowereit persönlich der Vorsitzende des Aufsichtsrates ist. Sein Sprecher Richard Meng war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Zuletzt geriet Christian Wulff wegen falscher Angaben über eine ähnliche Feier in die Kritik. Als Ministerpräsident Niedersachsens hatte der CDU-Politiker dem Landesparlament mitgeteilt, der „Nord-Süd-Dialog“ werde nicht durch das Land finanziert. Im Januar stellte sich heraus, dass eine landeseigene Hochschule unentgeltlich Personal für das Fest abgestellt hatte und dass ein Ministerium für Kochbücher zahlte, die auf dem Fest an die Gäste verteilt wurden. Wulff trat wegen dieser und weiterer Vorwürfe im Februar als Bundespräsident zurück.
Download der Sponsorenliste: Hoffest 2008 (PDF)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg