Umstrittener Waffenverkauf an Mexiko: Heckler & Koch hat es gewusst
Wegen Waffenlieferungen in mexikanische Krisenregionen steht das Unternehmen unter Druck. Zu Recht, wie Vertragsdetails jetzt zeigen.
Doch das stimmt offenbar nicht. „Report Mainz“ und der taz liegen jetzt die Lieferverträge zwischen dem Unternehmen und dem mexikanischen Verteidigungsministerium vor. Als Empfänger der Waffen sind in den Dokumenten aus dem Jahr 2006 unter anderem die Bundesstaaten Chiapas und Guerrero aufgeführt – zwei Staaten, in die Heckler & Koch mutmaßlich nicht liefern durfte.
Hintergrund ist die Menschenrechtssituation in beiden Regionen. Polizisten machen dort häufig gemeinsame Sache mit der Drogenmafia und gehen brutal gegen die Bevölkerung vor. In Iguala im Staat Guerrero soll die Polizei beispielsweise an der Verschleppung und Ermordung von 43 Studenten beteiligt gewesen sein.
Die Bundesregierung hatte es wegen dieser Situation zunächst abgelehnt, die Lieferung von Sturmgewehren nach Mexiko zu genehmigen. Laut Aussagen im laufenden Prozess vor dem Landgericht Stuttgart hatte vor allem das Auswärtige Amt Einwände. Die Regierung lenkte allerdings ein, nachdem Heckler & Koch später eine neue Endverbleibserklärung der Mexikaner vorgelegt hatte.
Regierungsmitarbeiter gaben Tipps
In solchen Dokumenten versichert der Käufer, Waffen nur für bestimmte Zwecke einzusetzen und nicht weiterzugeben; bei Rüstungsexporten sind sie Standard. In der Erklärung für das Mexikogeschäft tauchte der umstrittene Bundesstaat Guerrero zunächst noch als Empfänger auf. Wegen der Bedenken der Bundesregierung – laut Angeklagten sogar auf Rat deutscher Regierungsbeamter – bat Heckler & Koch die Mexikaner um eine neue Version. Darin war Guerrero gestrichen.
Offenbar war das aber nur ein Trick, um den wahren Zielort zu verschleiern: Im Vertrag blieb der Bundesstaat ja als Empfänger stehen. Im Genehmigungsverfahren fiel das nicht auf, da sich das Wirtschaftsministerium die Verträge nie vorlegen ließ.
Das war nicht die einzige Nachlässigkeit des Ministeriums: In die abschließende Genehmigungsurkunde schrieben die Beamten nicht hinein, dass die Waffen nicht in bestimmte Bundesstaaten gelangen dürfen. „Wir haben nicht daran gedacht, wir dachten, es sei klar“, sagte einer von ihnen als Zeuge in dem Prozess. Man sei davon ausgegangen, dass die Ausschlussliste aus der Endverbleibserklärung auch gelte, wenn sie in der Genehmigung nicht noch mal aufgeführt werde.
Die Verteidigung der Angeklagten sieht das anders. Sie könnte mit Verweis darauf am Ende des Verfahrens auf Freispruch plädieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“