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Umstrittener Staatsbesuch in den USABiden hofiert Modi mit Pomp

US-Präsident Biden umgarnt Indien und seinen Premier als strategisches Gegengewicht zu China. Beide pochen auf territoriale Integrität der Ukraine.

Joe Biden und Narendra Modi am Donnerstagabend beim Staatsbankett im Weißen Haus Foto: Susan Walsh/ap/dpa

Washington afp | US-Präsident Joe Biden und der indische Premierminister Narendra Modi haben bei einem Treffen in Washington auf die territoriale Integrität der Ukraine gedrungen. In einer gemeinsamen Erklärung betonten Biden und der zu einem Staatsbesuch in die USA gereiste Modi am Donnerstag mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, es müssten „internationales Recht, die Prinzipien der UN-Charta und territoriale Integrität und Souveränität“ respektiert werden.

Modi, der sich Bemühungen westlicher Staaten für eine internationale Isolierung Russlands bisher widersetzt hat, beteuerte zudem bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Biden im Weißen Haus, er wolle sich für einen „Frieden“ in der Ukraine einsetzen.

„Seit Beginn der Ereignisse in der Ukraine hat Indien einen Schwerpunkt auf die Lösung von Streitigkeiten, auf Dialog und Diplomatie gesetzt“, sagte Modi. „Wir sind absolut bereit, auf jede uns mögliche Weise einen Beitrag zu leisten, den Frieden wieder herzustellen.“ In Indien spricht Modi schon seit Jahren nicht mehr mit Medienvertretern.

Indien lehnt es bislang ab, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine klar zu verurteilen. Das Land kauft vielmehr in großem Umfang russisches Erdöl und verhilft Russland damit zu wichtigen Finanzmitteln.

US-Regierung sieht Indien als Gegengewicht zu China

Modi war erst der dritte Staats- oder Regierungschefs, der seit dem Amtsantritt von Biden im Januar 2021 einen Staatsbesuch in den USA absolvierte. Der Besuch hatte große politische Bedeutung: Die US-Regierung will Indien als Gegengewicht zu China etablieren und die Regierung in Neu Delhi zu einem Bruch mit Russland bewegen.

Modi sprach am Donnerstag im Weißen Haus von einer „neuen Energie“ in den Beziehungen zwischen seinem Land und den USA. Biden bezeichnete die Partnerschaft zwischen den beiden Ländern als „eine der entscheidendsten Partnerschaften des 21. Jahrhunderts“. USA und Indien seien „zwei großartige Nationen, zwei großartige Freunde, zwei großartige Mächte, die den Gang des 21. Jahrhunderts bestimmen können.“

Anlässlich von Modis Besuch wurde eine Reihe von Rüstungs- und Wirtschaftsvereinbarungen zwischen den USA und Indien beschlossen. So will der US-Konzern General Electric im Zuge eines Technologietransfers zusammen mit dem indischen Staatskonzern Hindustan Aeronautics Turbinen für indische Kampfjets produzieren.

Indien will zudem von den USA Militärdrohnen vom Typ MQ-9B SeaGuardians kaufen. Im Zuge einer weiteren Vereinbarung will der US-Mikrochips-Produzent Micron 800 Millionen Dollar in eine Halbleiterfabrik in Indien investieren.

Modis Besuch ist in der Demokratischen Partei umstritten

Modis Besuch in Washington war nicht unumstritten: Kritiker werfen dem seit 2014 regierenden Hindu-Nationalisten einen zunehmend autoritären Kurs vor. Das US-Außenministerium prangerte zudem kürzlich in einem Bericht Angriffe gegen Angehörige religiöser Minderheiten wie Christen und Muslime in dem Land an.

Mehrere Abgeordnete von Bidens Demokratischer Partei boykottierten deswegen am Donnerstag eine Rede von Modi vor dem Kongress.

Bei der Pressekonferenz im Weißen Haus wies Modi Vorwürfe zurück, in Indien werde die muslimische Minderheit diskriminiert. Ob bei „Kaste, Glaube, Religion oder Geschlecht, es gibt überhaupt keinen Raum für Diskriminierung“, sagte der Regierungschef.

Biden hob die Bedeutung von „religiösem Pluralismus“ hervor. „Gleichheit vor dem Gesetz, Meinungsfreiheit, religiöser Pluralismus und Vielfalt unserer Bevölkerungen – diese Grundprinzipien haben fortbestanden und sich entwickelt, selbst wenn sie in der Geschichte unserer beiden Nationen vor Herausforderungen standen“, sagte der US-Präsident.

Biden hat seit Beginn seiner Amtszeit im Januar 2021 erst zwei Präsidenten zu Staatsbesuchen empfangen: den französischen Präsidenten Emmanuel Macron Ende vergangenen Jahres und den südkoreanischen Staatschef Yoon Suk Yeol im April. Modi war nun der dritte Gast, dem eine solche Ehrung zuteil wurde.

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